Montag, 26. Oktober 2015

Von Berlin nach Frankfurt


Puh, lange nicht mehr den Blog gefüttert. Aber es war in jeder Beziehung so viel los in dieser Zeit. Ich hatte vielfach den Kopf nicht frei dafür. Aber der Reihe nach.
Nach dem Trail des 600 Boitheux war ich ja recht euphorisch was mein Knie angeht. Die Läufe in der zweiten Septemberwoche gingen trotz strammen Tempos ganz gut und ich fing schien an zu bedauern, mich als Zugläufer für Laufkollegen selbst begrenzt zu haben, was den Frankfurt-Marathon so angeht. Eine schöne 55 Minuten Runde mit Ausdauerschulen-Kollegen Matthias, relativ spontan verabredet, gefiel uns beiden am sonnigen Rheinufer und im windigen Binsheimer Feld gut. Das Knie zwickte nicht, auch bei 4:47er Pace über 55 Minuten. Am Samstag stand dann nochmal Rennradtraining mit der Ausdauerschule an, Windschattenfahren und der "belgische Kreisel" waren hier das Thema, ging über 60 Kilometer und war durchaus nicht unanstrengend. Sonntag, den 13.9. dann der erste lange Lauf in hohem Tempo. Die wechselnden Zeitintervalle schrieb ich mir auf einen Zettel, dann ging ich am Sonntag morgen alleine los auf meine 25 Kilometer-Tour. Ich wollte mal wieder die Rheinbrückenrunde über die A42-Brücke und zurück über Ruhrort nehmen. Auf der Brücke, am Ende meines ersten GAT 2- Tempoabschnittes erreichte ich einen jungen Laufkollegen samt Radbegleiter. Wir kamen ins Gespräch. Er war erst 25 und bereitete sich auf seinen ersten Marathon in Düsseldorf 2016 vor. Eine etwa 11 Kilometer-Runde hatte er vor. Wir liefen einStücj gemeinsam und er stellte mir viele Fragen, nachdem ich mich als recht erfahrener Läufer geoutet hatte. Es war sehr interessant, ich fragte dann mal einfach, ob er gleich auch einmal meinen Kilometer in 4:30er Pace mal mitgehen wolle. Denn so unfit wirkte er nicht. Gemeinsam absolvierten wir den Tempokilometer. Danach war der junge Kollege aber sichtlich angeschlagen, so dass ich mein Tempo von 4:50 mal auf knapp über 5 reduzieren musste. Er fragte mich ziemlich viel, was so die Trainingsverteilung und auch die Ernährung (da bin ich wohl eher nicht der richtige Ansprechpartner) angeht. Macht auch mal Spaß, Tipps weiter zu geben. Ich verabschiedete mich hinter der Ruhrorter Rheinbrücke und machte mich auf die 6 Kilometer Heimweg. Am Ende, nach fast 23 Kilometern, war es dann wieder da. Mein rechtes Knie. Das Knie war natürlich die ganze Zeit über da, aber nun spürte ich es in Gestalt des wohlbekannten stechenden Schmerzes im Bereich des Innenmeniskus. So ein Sch.... . Ich wähnte es bereits erledigt und nun wieder das.
Das sind Momente, wo die Angst in einem hochkriecht. Ich schiebe es wieder auf die Belastung und sage mir, dass Knorpel halt Zeit zur Regeneration braucht. Fest steht, dass es scheinbar nur nach schnellen Belastungen auftritt. Zwei Tage Später ein gesteigerter DL über gut 9 Kilometer. Mit 5:30er PAce angefangen und ale 5 Minuten die Pace um 10 Sekunden beschleunigt, am Ende alles was ging (4:13er PAce über 5 Minuten ging), aber da deutete sich bereits der Knieschmerz wieder an. Ziemlich frustriert ging es danach zum Stabi-Training. Mittwoch war dann mal Pause, Donnerstag stand das ungeliebte 2/1-2/1 auf dem Programm des gemeinsamen Trainings der Ausdauerschule Hier wird immer 2 Minuten bzw. 1 Minute gelaufen, was geht. Danach gibt es eine Minute Trabpause. Das Ganze vier mal, dann war ich gut durch, wie man so schön sagt. Mit einer Pace irgendwo zwischen 3:30 und 3:47, die letzte Minute in 3:12, wurde das abgespult. Mein Knie meldete sich nicht, waren aber auch nur 7,5 Kilometer. Grund zum Optimismus? Ich weiß es nicht. Das Tempo fiel mir nicht mehr so leicht, aber so schnell muss ich ja in Frankfurt auch nicht sein. Ich merke jetzt und hier, dass es plötzlich alles nicht mehr so leicht ist. Mein Körper ist keine Maschine, er schreit nach einer Auszeit. Aber ich will ihn nicht erhören. Denn das gehörte nicht zu meinem Plan.
Freitag dann mal wieder ein ultimativer Knie-Test: Knapp 17 Kilometer bei herrliche sonnigem Wetter entlang des Rheins und^durch den Wald un 4:47er Pace. Es lief. Und mein Knie lief schmerzfrei.Immerhin schafft es nun wieder 17 Kilometer, ohne zu maulen. Aber Sonntag würde es sich zeigen, was Sache ist. Denn der 7. LiDoMa stand endlich an. 8 Runden um das Schloß Nordkirchen, das "westfälische Versailles", viele nette Leute und die liebevolle und engagierte Organisation von Frank Pachura.
Für mich zwar nur ein Trainingslauf, aber ein echter Test für meine lädierten Extremitäten. Wie würde es laufen? Ich hatte eigentlich beschlossen, das ganze dann mal langsam anzugehen, denn langsam ist für mich nun die Alternative, das ging ja in Belgien beim Trail auch. Ehe ich Frankfurt gar nicht laufe, laufe ich dort eher in 4 Stunden, wenn es dafür meiner Gesundheit nicht schadet.
Mit Marco und Kim fuhren wir nach Westfalen, wobei die beiden wegen des eine Woche später anstehenden Berlin-Marathons nur als Helfer dabei waren. Es gab ein großes Hallo, viele bekannte Gesichter erfreuten uns durch ihre Anwesenheit, dann standen wir schon am Start. Das Wetter meinte es gut, zwar war die Sonne der vergangenen Tage einer dichten Wolkendecke gewichen, aber es sollte trocken bleiben. Ich war zunächst in einer Gruppe mit "Ironman" Uwe und Michael aus Essen unterwegs. Mit Uwe war ich schon den ersten LiDoMa gelaufen, Michael kannte ich mehr oder weniger flüchtig aus den sozialen Netzwerken und vom gelegentlichen Sehen am Baldeneysee in Essen. Michael wollte gerne unter 4 Stunden laufen, das sollte kein Problem für uns sein.
Wir unterhielten uns  angeregt, es verging Kilometer um Kilometer auf einer kurzweiligen und schönen Runde. Ups, die erste Hälfte war in 1:47 etwas zu flott dahingegangen. "Wenn es so weitergeht laufen wir eine 3:35, Michael".Das wäre PB, aber da war schon klar, dass wir das Tempo nicht würden halten können. Für mich erschien es kein Problem, aber die Vernunft mahnte auch mich zum Bremsen. Nicht schon wieder die gelbe Karte von meinem Körper.
Fröhlich Läufergeschichten austauschen ging es dann deutlich langsamer in die zweite Hälfte. Ich gab phasenweise den "Sklaventreiber", um die Pausen am üppig gedeckten Verpflegungstisch nicht zu lang werden zu lassen. In den letzten Runden machten wir dann kurze Gehpausen, weil Michael kleine Probleme hatte. Komischerweise merkte ich in der letzten Gehpause mein Knie, aber beim Gehen, nicht etwa beim Wiederanlaufen. Egal, ohne wesentliche Schmerzen ging es dann gut gelaunt mit Michael in 3:57 ins Ziel. Damit hatte er seine sub 4 und ich die Gewissheit, dass ich Frankfurt würde laufen können. Danke von hier noch einmal an Frank und sein Team für eine wieder mal unvergessliche Lauffveranstaltung in tollem Ambiente. Vor allem aber für die Sicherheit, dass ich doch Marathon laufen kann.
Die letzte Septemberwoche stand im Zeichen einer kurzen Regeneration nach dem Marathon in Nordkirchen. Den Samstag nutzen wir zu einer letzten Rennradausfahrt durch unsere Felder. Ach ja, der Laktattest bescheinigte uns sehr guten Trainingszustand. Aber das war mir eigentlich schon vorher klar.
Am Freitag dem 2.10. dann die ersten Vorboten der Wende in meiner Trainingseuphorie. Bei schönem sonnigem, aber etwas windigem Herbstwetter ging ich auf die 24 Kilometer-Runde Tempowechsellauf, wie es mir der Schleifer mehrfach in den Trainingsplan geschrieben hat. Erst 10 Minuten regenerativ, dann die meiste Zeit in GAT 1, wa ich dann mal so als Marathon-Renntempo von 4:45-4:50 interpretierte, dazwischen zwei Mal 15 Minuten in 4:30 - 4:35er Pace dazwischen. Das erste Mal ging es noch ganz gut, dazischen fielen mir phasenweise die 4:50 schon nicht leicht und in der Vierbaumer Heide musste ich die zweite Viertelstunde 4:30 schon gut knautschen. Was war ich froh, dass ich zuhause war. Knapp 24 Kilometer. Und die nächsten beiden Tage dann pausenlos auf dem Fahrrad, denn wir wollten mit Marco und Kim die Ruhr von Winterberg bis Duisburg abfahren. Streckenbesichtigung für unser kleines Pfingstprojekt 2016. An dieser Stelle möchte ich nicht über das wunderschöne Wochenende auf unseren Rädern mit Marco und Kim berichten, das würde den Rahmen sprengen.
Jedenfalls gehen irgendwo auch die knapp 250 Radkilometer in zwei Tagen auf die Knochen, das spürte ich am Montag beim 40  Minuten Tempolauf bei herbstgrauem Wetter. Ich kam nur auf einen Schnitt von 4.38 und nichts ging mehr leicht. Na gut, Freitag den anstrengenden langen Lauf, die ganzen Radkilometer und dann gleich wieder Tempo....
Aber das gute Gefühl sollte nicht mehr so ganz wiederkommen. Auch die zwei Mal 3,5 Kilometer, unterwegs garniert von leichten Knieproblemen bei 4:05er Pace, beim Training der Ausdauerschule ging nicht eben leicht aus dem Fuß. Für den Traildorado am Wochenende in Arnsberg, auch hier genial organisiert von Michel Ufer und seinem Team um Heiko Thoms , hatte Schleifer Sven mir drei Trainingseinheiten, sozusagen ein Mini-Trainingslager, in den Plan geschrieben. Da ich auch noch zwei Vorträge halten sollte, waren damit die 24 Stunden durchaus sinnvoll gefüllt. Ein Bett hatten Claudia und ich ja auch gebucht.
Die 4,1 Kilometer-Runde war extrem anspruchsvoll, nicht allein wegen der 120 Höhenmeter fast ausschließlich im ersten Teil der Strecke, auch wegen der rutschigen Wege, die gerade bergab zum Problem werden könnten. Eine Sturzverletzung zwei Wochen vor Frankfurt wäre fatal. Und genau das passierte Claudia. Ein blödes Überholmanöver und schon war der Fuß umgeknickt, sie auf den Knien gelandet, diese geprellt und die Emaille beidseitig ab. Mit blutenden Knien lieferten Heiko und ich sie beim Sani ab und ich machte mich auf meine 3 schnellen Runden. Die waren ganz schön heftig, zwischendurch bekam ich dann  mit, dass Claudia schon wieder auf der Piste war. Das beruhigte natürlich ungemein. Als ich, zugegeben ziemlich am Ende, meine Dauerüberhol-Vollgas-Runden endlich geschafft hatte, lief sie noch ein Weilchen weiter, ehe ich sie dann nach meinem Vortrag aus dem Rennen nehmen konnte. In der Nacht, besser am späten Abend drehten wir noch drei Runden, fanden es dann im Hinblick auf Frankfurt und Claudias Prellungen zu riskant und gingen dann schlafen bzw. ans Lagerfeuer.

Am Sonntag Morgen kam Claudia kaum aus dem Bett, die Ruhe hatte diesmal den lädierten Beinen wohl nicht gut getan. Nach dem Frühstück ging es bei herrlich kaltem, sonnigem Wetter wieder auf die Piste. Bei Claudia rollte es sich ein während ich noch einmal einen Vortrag über den K78 hielt. Danach standen 3 Runden zügig auf dem Plan. Die machten am Morgen richtig Spaß, die Rundenzeiten waren knapp langsamer als am Samstag, aber dennoch konstant flott.
Der Montag danach kam mit deutlichem Muskelkater und einem offensichtlich gereizten Nerv im Rücken, der einen leichten Schmerz in den linken hinteren Oberschenkel ausstrahlte. Super! Da war dann wohl ein weiteres Problem, den schnellen und langen bergab-Passagen und den gekrümmt gelaufenen steilen Anstiegen sei Dank!
Zwei Tage Pause laut Plan waren nötig, besserten die Lage aber nur geringfügig. Scheint, dass mein Körper schon mal gerne Pause machen würde...
Mittwoch quälte ich mich dann irgendwie durch die 40 Minuten Tempowechsellauf 4 Minuten 4:45/4:20er Pace. So richtig lustig war es nicht und fast hätte ich mich verzählt. War dann regelrecht geschockt, dass ich nochmal ran musste. Es verdichtete sich die Erkenntnis, dass die Lockerheit und die Euphorie der ersten Septemberwochen unwiederbringlich verloren war. Gut, dass bald das Tapering beginnen sollte. Am Samstag vor Frankfurt hatte ich mich nur für die letzten 70 Minuten zügig mit 15 Minuten Vollgas mit Marco und einem Laufkollegen aus dem Nachbarort verabredet. Der Lauf gaing dann nochmal gut, wobei die 15 Minuten unter 4:30 schon hart waren. Aber zusammen geht alles besser.
Jetzt beginnt die mentale Vorbereitung. Ich sah mir nochmal die Bilder der letzten Jahre an, das Streckenvideo (überflüssig, kenne die Strecke nach inzwischen drei Durchläufen auswändig) und freue mich. Ziele? Nachdem mein lieber Werner mir leider verletzungsbedingt weggebrochen ist, werde ich versuchen, Trainingskollege Dominik unter 3:25 h zu ziehen. Ob ich das schaffen werde? Ein Restzweifel blieb bei meinen vielen Baustellen Knie, Fuß und Nerv. Aber die Strecke würde mich tragen. Wenn es gut läuft, könnte ich Jahresbestzeit für mich laufen. Das wäre 3:23:18. Und dann ist Pause. Au weia....wie werde ich das aushalten!