Mittwoch, 5. April 2017

Trainingslager - anderer Stress oder "Erholung geht anders"

Wir sitzen im Flieger. Lassen den deutschen Winter und den Stress der Arbeit hinter uns und fliegen Richtung Jerez de la Frontera, ins Trainingslager der Ausdauerschule by Bunert. Wir sind zum vierten Mal dabei, zum dritten Male hier in Andalusien. Das hat den Vorteil, dass wir alle die Laufstrecken, die Unterkunft und das Essen bereits kennen und schätzen gelernt haben.

Vor Ort nach einem reibungslosen Flug, sieht man einmal vom kurzen Schreck beim Check in, als Claudia feststellte, dass Ihr Personalausweis seit einem halben Jahr abgelaufen war, waren wir bereits am späten Vormittag am Hotel und konnten auch sofort unsere Zimmer beziehen, das Wetter war wie erhofft Sonnig bei Temperaturen über 20 Grad. Hungrig nach der Reise stürzte ich mich gleich auf das Mittagsbuffet, den vierten Hauptspeisenteller hätte ich mir besser gespart, wie ich später beim ersten Trainingslauf erleben sollte. Nach kurzen, entspannten Minuten am Pool treffen wir uns schon auf der Terasse, wo nach einer kurzen Vorstellung (nicht alle kennen sich schon) des Trainerteams das Trainingslager mit dem Auftaktlauf beginnt. Wir laufen in der Gruppe 1 der schnellsten Läufer Richtung Conil und Leuchtturm, entlang der kurzen wunderschönen Steilküste. Dann drehen wir aber kurz vorher ab, um den Lauf nicht zu lang werden zu lassen. Es tut gut, im ärmellosen Tank mit kurzen Hosen laufen zu können und die Sonne auf der nackten Haut zu spüren, nach dem elend kalten und dunklen Wintertraining daheim. Das Tempo ist flott, aber nicht zu hoch. Wir haben ja noch etwas vor diese Woche. Leider liegt mir mein opulentes Mittagsmenue immer schwerer im Magen - wen wundert's. Und während ich noch überlege, ob der Grillteller als 4. Gang wirklich noch sein musste, muss ich mir den hinter einem Gebüsch dann doch noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Traditionell geht es mir nach solchen Aktioenen wieder relativ gut, so dass ich die Gruppe nach enem guten Kilometer in 4:26er Pace wieder erreicht habe. Ich beschließe schweren Herzens, künftig weniger zu mir zu nehmen.
Am nächsten Morgen stehen um 10 Uhr 15  x 300 Meter Bergansprints auf dem Programm. Das heißt um 7:30 Uhr beim opulenten Frühstücksbuffet sein, damit das Frühstück sacken kann. Omelett, Bacon, Serrano-Schinken ,Pancakes und andere leckere Dinge nehme ich nur sparsam zu mir, leider gibt viel wenig auch wieder viel und so klappt das mit dem "sacken lassen" nur suboptimal. Bei erneut strahlendem Sonnenschein und wenig wind machten wir uns auf zum gefürchteten Berg knapp 2 Kilometer weiter Richtung Ortsausgang. Hier steigt eine Straße vom Wendehammer und Parkplatz oberhalb des Strandes über 300 m parabelförmig an, die letzten 100 Meter sind die steilsten. Auf der durch einen Grünstreifen getrennten Gegenspur traben wir ganz langsam wieder hinunter zum Start, um wieder auf die nächste Runde zu gehen. Sascha, Yvonne, Dirk, Karsten sind mit der "Raketengruppe" vorne weg, auch Andreas bemüht sich, da mit zu halten. Ich gehe gemeinsam mit Dominik konsequent mein Tempo, wir liegen immer zwischen 72 und 74 Sekunden. Den letzten schaffe ich in 70 und erfülle damit meinen Intervall-Anspruch, dass das letzte immer das schnellste sein sollte. Während andere schon abrücken, denn viele hatten nur 8 oder 10 Sprints auf dem Plan, machen wir uns mit dem Rest wieder zurück. Mir ist wieder völlig flau im Magen und ich beschließe, vom Mittagsbuffet nur eine Brühe und einen Salat zu mir zu nehmen.
Leider zieht es sich gegen Nachmittag langsam zu, so dass das liegen im Pool im aufkommenden kühlen Wind nur im Shirt angenehm ist. Dann geht es auf die Nachmittagsrunde. Lockere knapp 9 Kilometer in 5:40er Pace, durch den Park, in dem wir immer die 1000er Intervalle gelaufen sind und auch in diesem Jahr laufen werden, zurück um einen der vielen Golfplätze, vorbei an einem Storchennest auf einem Mast, unsere "Storchenrunde". Anschließend noch eine Runde Stabi- und Blackroll-Training mit Sigrid im Gymnastikraum beenden den ersten vollständigen Tag in Andalusien. Leider war damit auch das schöne Wetter beendet, denn bereits am Montag war es stürmisch und fast durchgehend bewölkt. Wir beginnen mit Gruppe 1 noch vor dem Frühstück, Claudia darf noch liegen bleiben. Bei Wind und sich auflösenden Regenwolken ist uns beim Rückweg am Strand entlang der Blick auf die aufgehende Sonne vergönnt, bevor sie sich den Rest des Tages hinter den Wolken verstecken würde.
Ich will jetzt hier aus Zeitgründen nicht mehr jede Einheit schildern, sondern lediglich einige markante Gesamteindrücke wiedergeben. Das Wetter blieb die nächsten Tage mäßig. Temperaturen zwar nur wenig unter 20 Grad, aber der kalte und starke Wind und gelegentliche Regenschauer ließen bei mir keine rechte Freude aufkommen. Zudem bereitete mir das Essen immer eine leichte, latente Übelkeit, die bis in die frühen Mittagsstunden anhielt.Egal was ich, oder was ich eben besser nicht frühstückte. Auch das hob meine Laune nicht. Wer mich kennt, weiß, dass ich wirklich gerne esse und im Club Aldiana wird wirklich leckeres Essen geboten. Dies alles zugunsten einer Scheibe Brot mit Frischkäse, dass ich auch zuhause haben könnte, stehen zu lassen, tat weh. Es war aber die einzige Option, die Tempoeinheiten am Vormittag halbwegs zu überstehen. So auch die 7 x 1000 m am Dienstag Vormittag. Es war die zweite harte Einheit, und dazu regnete es leicht. In Regenjacke ging es zum Park. Dort führt eine etwa 1250 m lange Runde einmal herum, ganz leicht wellig und von unterschiedlichster Bodenbeschaffenheit. Steine und Wurzeln inklusive. Wir zogen los. Die erste Runde lief ich alleine und musste mich zwingen, Sascha, Dirk, Yvonne und die anderen Raketen weg zu lassen und mich nicht zu sehr an sie zu hängen, denn dann würde ich das nicht überleben. 3:46, eindeutig zu schnell. Sabrina und Domink schließen zu mir auf, wir beschließen, gemeinsam die nächsten Intervalle zu laufen. Die nächsten drei werden besser 4:01, 3:58, 3:58. Ich fühle mich leider grenzwertig, mir ist speiübel und es wird schlimmer. Im nächsten Intervall ist es so weit. Mein sparsames Frühstück kommt wieder hoch. Ich muss nach der halben Strecke an den Busch, laufe den dann noch in 4:19 netto, denn ich war ziemlich außer Atem. Totaler Frust stellt sich ein, der 5. war also nix. Beim Auslaufen übergebe ich nochmal den Rest der Botanik, trabe dann wieder an. Trainerin Esther kommt mit Knud vorbei und rät, jetz mal langsam zu laufen, höchstens 4:30. Ich laufe mit den beiden los, 4:05 sind es am Ende und die Übelkeit ist wieder stärker. Den letzten dann mal wirklich langsamer, ich orientiere mich an Linda, die auch für den Rotterdam-Marathon im Training ist. 4:15, aber die Göbelei hat mir doch ein wenig zugesetzt. Entsprechend frustriert und unzufrieden trabe ich zurück zum Hotel. Der Nachmittag ist frei, glänzt aber durch Wolken, kalten Wind und kräftige Schauer am frühen Abend.
Der lange Lauf über 19 km am nächsten Tag verläuft ohne große Hindernisse, der Wind ist recht stark. Dazu laufen wir zunächst mit Rückenwind, haben dann den ganzen Rückweg Gegenwind. Dafür halten wir die Pace von 5:10 auch auf dem Rückweg, das läuft wieder ganz gut.
Schwer fallen mir dann die 30/30 Sekunden-Läufe am nächsten Tag. 10 Mal 30 Sekunden Vollgas, 30 Sekunden Trabpause, das alles den Hauptweg durch die Savanne vor Conil. Dominik zählt, ich bin dazu nicht mehr in der Lage und reagiere etwas genervt, als ich meine, wir könnten schon umdrehen. Es muss aber noch einmal gelaufen werden. Es läuft nicht mehr gut, zumindest gefühlt. Kein Wunder, denn umeist läuft unsere schnelle Gruppe zwischen 3:30 und 3:40er Pace. Kein Wunder, das schafft mich. Am Abend berate ich mich mit Roman, denn am nächsten Tag steht der Testwettkampf an. Wir hatten aus 3 Leistungstöpfen Läufer zusammengelost, aus jedem Topf eine oder einen. Der oder die aus dem langsamsten Topf läuft eine "Savannenrunde" von 2,5 km, Nr. 2 dann zwei Runden und Nr. 3 aus dem schnellsten Topf dann noch die 2,5 Km zum Hotel über den Strand zurück, allerdings noch über den Hügel, an dessen anderer Seite wir die Bergsprints absolviert hatten. Roman rät mir, als Ausgleich für den 19 km-Pyramidenlauf, einfach mit Inge und Maggie, meinen Teamkolleginnen, mit zu laufen und dann meine 7,5 kilometer zu absolvieren. Es sei zwar keine Pyramide, aber genauso effektiv.
So mache ich es. Nach 3 Kilometern einlaufen ziehe ich Inge zunächst zu einer 5:15er Pace durch das zumindest auf der kurzen Querspange schwierige, matschige Geläuf der "Savanne". Dann mit Maggie zwei Runden, die erste mit etwas über 5er Pace dann wohl etwas zu flott, die zweite dann etwas langsamer, da Maggie doch abbaut. Dann bin ich "frei" und darf alleine Gas geben. Gerade überholt "Rakete" Yvonne mit. Kurz bleibe ich hinter ihr, dann muss ich abreissen lassen, denn das ist nun nicht mehr mein Tempo. Die zwei Runden laufen in einer Pace um die 4:25 ganz gut, dann bergauf auf dem Rückweg wird es schwerfälliger. Ich überhole Claudia und Yvy erst ganz oben am Berg, die Straße zum Strand abbiegt. Lind ist etwa 150 Meter vor mir. Die steile Rampe zum Starnd bremse ich bewusst, denn ich will mich nicht verletzten. Dann am Strand gebe ich Gas. Aber Linda kommt nicht näher. Die ist richtig fit! Ich sehe nachher, dass ich 4:10 laufe und dennoch nicht näher komme. Am Strand hat das Hotel einen VP mit Wasser, Säften und frischem Obst aufgebaut. Das Ziel liegt davor zwischen zwei Aldiana-Fahnen. Fast alle sinken erschöpft in den Sand.
Caudia kommt mit Yvy gemeinsam an und liegt wie tot im Sand. So richtig zufrieden war ich mit dem Tempo nicht, das Tempo hätte sich meiner Meinung nach am Ende besser anfühlen müssen. Am Nachmittag laufen wir noch ein kleines Ründchen, am Samstag vor dem Heimflug auch noch einmal 9 Kilometer. Dann reisst endlich nachhaltig die Wolkendecke auf und wir haben fast Windstille. So bleiben uns noch knapp 1 1/2 Stunden Strand und ein kurzer Gang mit den Füßen in den kalten Atlantik.

Dann holt uns am frühen Nachmittag der Bus. Gut 150 Kilometer in 8 Tagen liegen hinter mir, 4 Tempoeinheiten, ein längerer zügiger Lauf. Die latente Übelkeit ist die ganze Woche nicht verschwunden und ich brauche auch zu Hause noch zwei Tage, bis ich sie hinter mir habe.

Es war eine tolle Woche, auch das abendliche Feiern kam nicht zu kurz, auch wenn ich mir von bestimmten Personen etwas mehr Präsenz dabei gewünscht hätte. Aber ein bis drei alkoholarme (1%) Biere schaden dem Training am Morgen eher nicht. Die Rahmenbedingngen stimmten mich halt nicht gerade Fröhlich, so dass ich den Preis als Entertainer deutlich verpasst habe. Aber so war es, ich konnte es nicht ändern.