Montag morgen noch kurz ins Büro, meinen Osterurlaub einläuten und danach kurz mit meinen Mädels zum Shoppen nach Essen. Danach studierte ich den Trainingplan, den ich von Trainer Roman für die Zeit des Kurses nach der agbeschlossenen WLS erhalten hatte und stutzte mächtig. Er unterschied sich wesentlich von meinem Wien-Plan, der ja noch zwei Wochen lief. Oder war es eine Reaktion auf den ursprünglich ja nicht so geplanten schnellen HM am Samstag? Seht selbst:
Ursprungsplan diese Woche |
Der neue und vom Trainer wieder verworfene Plan - den Donnerstag fand ich vor dem Marathon grenzwerteg.... |
Ich schrieb dann mal vorsichtshalber den Trainer an, damit hatte sich das Training für den Montag auch erledigt und ich beschloss, es am Dienstagvormittag zu absolvieren. Was macht man auch sonst im Urlaub? Leider hörte ich bereits kurz vor oder besser während des Aufwachens Niklas an den Rolläden rütteln und den Regen plätschern. Das ist nicht der Freund meiner Tochter sondern das Orkantief, welches uns gestern angedroh worden war. Schlechte Wetterprognosen stimmen ja leider meistens. Egal, heute würde gelaufen werden, weitere Schlampereien im Trainingsplan gehen auch 13 Tage vor dem Tag X nicht! Ich dachte mich die weitgehend baumfreie Runde durch die Vierbaumer Heide aus, wohl wissend, dass diese extrem windanfällig ist, aber zumindest kann mir da unterwegs höchstens der Himmel auf den Kopf fallen. Auffällig mit Neon-Regenjacke und Cap gekleidet. Ich lief so los, dass ich den Gegenwind gleich zu Beginn genießen durfte. Über wirtschaftswege zwischen vereinzelten Gehöften vorbei stemmt ich mich mal frontal, mal seitlich gegen den Wind. Besonders seitliche Böen erwiesen sich als tückisch, vor allem, wenn sie während der Flugphase einsetzen. Teilweise lief ich mit erheblicher Seitenneigung, muss ziemlich lustig ausgesehen haben. Weniger lustig ist, dass dir die Sturmböen beim einatmen fast die Luft wegbläst. Es ist gar nicht so einfach, wenn man gegen den entstehenden Unterdruck die Luft einsaugt. An einer größeren Straße sah ich bereits von weitem die Bescherung, ein hölzernes Buswartehäuschen lag komplett aus der Verankerung gerissen auf der Straße. Von dem Häuschen hätte ich auch nicht gerammt werden wollen. Trotz gefühlt lockerem Lauf fällt die Pace niemals unter 5:15, auch wenn es einem gegen die Böen so vorkommt. Vorbei an vereinzelten höheren Bäumen linse ich schon ängstlich nach oben. Kann man es sehen, wenn sich ein dickerer Ast löst? Ich denke, dass von vorne aus dem Gegenwind kommendes "Fallgut" aufgrund der Sichtbarkeit nicht so gefährlich ist als von hinten kommendes.Denke ich jedoch über mein Lauftempo und mein Befinden nach, dann geht es mir wunderbar. Ich laufe so locker vor mich hin, wie es einem REG/GAT 1 Lauf entspricht und mein Puls befindet sich absolut im grünen Bereich. Werde ich mein großes Ziel erreichen, den Vienna City Marathon unter 3 Stunden und 10 Minuten zu finishen? Was, wenn da auch solche Verhältnisse herrschen? Dann würde der abgesagt, Du Blödmann. Und dann würde ich beim Sparkassen-Marathon am 9.Mai einen neuen Versuch starten und den Seilersee zum Abseilersee werden lassen, basta! Ich fühle mich psychisch absolut auf der Höhe und dieser wunderbare Lauf durch die tobenden Elemente bestärkt mich in einem gewissen Gefühl der unbesiegbarkeit. Kennt Ihr solche Momente? Es ist keine Arroganz, es ist eine tiefe Überzeugung, dass es in diesem Jahr klappen wird, gespeist vom uhrwerkgleichen gelaufenen Halbmarathon am Samstag und dem guten Gefühl und der guten Pace heute. Durch die Wege zwischen den frisch umgepflügten Felder, zwischen deren Furchen teilweise braunes Wasser in Sturm hin und her schwappt weht der Wind nun von schräg hinten und so wird es vorläufig bleiben. Die Pace steigt automatisch unter 5 Min/km. Aber es geht mühelos. Ich plane die weitere Runde und will durch Budberg nach Eversael laufen, immer den Radweg an der wenig befahrenen Landstraße entlang. Dort weht es richtig von hinten und ich habe richtig Spaß.
Die Flugphase verlängert sich fast um das doppelte, so fühlt es sich zumindest an, und die Pace geht auf 4:38 hinauf. In Eversael, einem einsamen Dorf im Orsoyer Rheinbogen angekommen, wird es etwas ruhiger. Am ehemaligen Dorfgasthof biege ich wieder ab in den Seitenwind. Hier hatten Claudia und ich vor 24 Jahren unsere Hochzeit gefeiert, inzwischen ist er nur noch für Veranstaltungen buchbar. Sofort merkt man den Seitenwin wieder unangenehm beim einatmen, aber zumindest bleibt es auf meiner Rund trocken. Einen Abzweig zur einer möglichen Alternativroute lasse ich aus, weil, dort doch mehr Bäume stehen, als ich erwartet hatte. Dann eben über den Radweg der Landstraße Budberg-Orsoy zurück! Und dort habe ich nochmal richtig Spaß beim Segeln. Ich breite meine Arme in der Flugphase aus und lache mich kaputt, während der Sturm mich bis auf unter 4 Min/Km beschleunigt, ohne dass mein Puls wesentlich ansteigt. Natürlich nur während einzelner Böen, aber das ist hier auf der baumlosen Ebene des Niederrheins echt spaßig. Witzigerweise erreiche ich genau nach den veranschlagten 80 Minuten unsere Hauseinfahrt. Ich habe Glück gehabt, nichts auf den Kopf bekommen zu haben, habe es aber auch nicht herausgefordert. Jedes Restrisiko kann man im Leben nicht vermeiden. Und meine Psyche ist stabiler denn je. ICH WERDE ES SCHAFFEN.