Sonntag, 1. März 2015

Erste richtige Bestzeit nach 13 Monaten - die 13. Woche auf der Road to Vienna


Bäääääääääääähmmmmmmmm! 1:04:16. Ich kann es kaum glauben, während ich auf dem Rücken auf der Tartanbahn des Duisburger Leichtathletikstadions gleich neben dem Zieleinlaufbogen liege, die Arme gen Himmel und einen ersten Blick auf meine Uhr geworfen habe. Die Freude steigt erst langsam in mir auf, während sich der aufmerksame Sanitäter bereits wieder zurückzieht. Es sind diese Momente, für die sich der Trainingsaufwand lohnt. Fort sind alle Zweifel der letzten Stunde, es ist eine tiefe Genugtuung, dass mein Handeln in den letzten nicht einfachen Wochen so falsch nicht gewesen sein kann. Aber der Reihe nach....
Die Woche begann unspektakulär mit dem auf Dienstag verschobenen Lauf  "60 Min GAT 1". Ich machte etwas früher Feierabend, weil sich das aus dem Arbeitsablauf so ergeben hatte und lief einmal eine neue Runde durch dir Vierbaumer Heide und danach erst zum Lohheider See und auf meine inzwischen fast gehasste Orsoyer Allee. Die Rheinuferunde wollte ich nicht schon wieder wegen des morastigen Feldweges am Ende nehmen, auf die Sauerei hatte ich definitiv keine Lust. Ich hatte Glück und blieb trocken, am Ende stand eine wieder etwas ruhigere 4:43er Pace. Stabi-Training am Abend, hier wurde unter Nils' Anleitung nur ein wenig Koordination an der "Leiter" gemacht und ordentlich gedehnt. Donnerstag beim Training dann die üblichen 2 x 1000 m im geplanten Renntempo, der Wind war wieder recht stark und genau zu Trainingsbeginn fiel der erste Regen, der leider stärker wurde. 4:13 und 4:14 waren meine 1000er-Durchlaufzeiten, das war ganz ordentlich und nicht viel zu schnell. Schwierig war hier, dass im Vergleich zum 10er der Tempounterschied zu denen, die die kleine Serie absolvieren hier natürlich größer ist.
Man plagt sich ja fast mit einem schlechten Gewissen herum, wenn man bis zum Donnerstag erst 18 Kilometer gelaufen ist, aber ich soll ja ausgeruht in den Wettkampf am Samstag gehen. Nun ja, 15 Kilometer bei der Nike-Winterlaufserie in Duisburg gehen mir schon bedeutend leichter vom Fuße als die 10 Kilometer. Deshalb hielt sich meine Nervosität auch in engen Grenzen. Klar, eine gesunde Anspannung ist immer vor Wettkämpfen da, aber ich war mir doch relativ sicher, dass ich mein Ziel einer ordentlichen 1:05er Zeit erreichen würde. Zu keinem Moment kamen mir die Zweifel, die mir im Vorfeld den 10-Kilomter-Serienstart schon im Kopf kaputt gemacht hatten, ehe mein alter Kadaver dann nachziehen konnte. Ich hatte mir eine Pace zwischen 4:15 und 4:20 vorgenommen, angelehnt an meinen guten Lauf vom Werl nach Soest zu Silvester. Auf eine Bestzeit schielte ich hier nicht wirklich, denn die Strecke ist meines Erachtens deutlich schwieriger als Werl-Soest, die zwar leicht wellig, aber dennoch durchgängig auf gutem Asphalt der B1 gelaufen wird und nicht über wellige Waldabschnitte, wo es auch noch eng werden kann. Auch der Wind hatte bei meinen guten Versuchen dort immer durchgängig von hinten bzw. schräg hinten geblasen.
 Und windig sollte es am Samstag auch wieder sein. Aber ansonsten traumhaftes Winterwetter, 8-9 Grad. Das übliche Startprozedere folgte, ich ging noch zum Start der kleinen Serie um ein paar Bilder zu schießen, dann ging es ans Einlaufen. Bei den Steigerungen dachte ich mir schon "Wie willst Du das gleich über eine Stunde durchhalten?" aber meine langjährige Erfahrung sagt mir ja, dass das am Ende dann doch immer wieder geht. Mit "Alptraum-Anke" aus Drevenack hatte ich schon am Morgen geschrieben, dass sie mich heute nicht aus dem Konzept bringen könne, egal, wann sie mich überholen sollte.
Dann war es soweit, wir standen in der Startaufstellung, gemeinsam mit Jörg vom TuSEM und Michael hatten wir bis auf Sven fast wieder unsere Bertlich-Kombo zusammen. Ich sprach noch kurz mit Anke und ihrem Begleiter, schon fiel der Startschuss und Michael und Jörg waren irgendwie weg. Also mal wieder alleine los. Kilometer 1 noch ohne Gegenwind wurde in 4:10 zwar etwas zu schnell, aber nich völlig überpaced. Dann ging es um die Ecke auf die lange Masurenallee. Die steigt leicht an und der Wind kommt über die nächsten 4 Kilometer schräg von vorne, und zwar mit knapp 20 km/h. Ich hatte mir vorgenommen, hier nicht zu überpacen. Es ging vorbei an Irek, der mir nicht folgte, dann kam schon Anke vorbei. Km 2 in 4:17 war fast im Plan, es lief noch gut. Ich musste mich konzentrieren, mich nicht zu schnell werden zu lassen und es auch noch auszuhalten, überholt zu werden. Das gelang ganz gut, auch wenn ich mich zwingen musste, Anke weglaufen zu lassen. Sie ist nicht meine Kragenweite im Moment. Ich wollte nicht zuviele Kräfte gegen den Wind und anschließend im Wald vergeuden und auf den letzten 5 Kilometern dann mal mit dem Wind im Rücken sehen, was noch so geht, aber kurz nach Eingang in den Wald begann ich zu zweifeln. Ich musste nicht mehr bremsen, sondern mich zwingen, das Tempo zu halten. Und das erneut nach bereits 6 Kilometern. Und jetzt kam der "Bergkilometer" am Aussichtsturm entlang. Aber ich hatte so viel Vorsprung auf die 4:20er Pace, etwa 100 Meter, dass ich mir einen 4:35er Kilometer durchaus eher leisten können würde, als hier meine Kräfte zu vergeuden. Gedacht, getan. Ich wurde langsam am Anstieg und ließ es oben gefühlt gemächlich angehen. Ich hatte zwar 25 Meter meines Vorsprunges auf der Uhr eingebüßt, aber das war ja durchaus der Plan. In der Mitte der "Bergetappe" hatte ich eine sehr gute 4:26 für diesen Kilometer auf der Uhr, also weniger verloren, als gedacht. Ich blieb optimistisch. Auf dem kurzen Bergabstück konnte ich leider nicht laufen lassen, da vor mir eine Gruppe lief und ich nicht im Matsch am Rande der Strecke einen Sturz riskieren wollte. Meine Energie-Boost haben nicht das beste Profil für solche Verhältnisse. Dann war es "in den Bergen" schon geschafft und ich war noch sehr gut in der Zeit, aber meine Beine begannen, mir das leichte Überpacen auf der Masurenallee übel zu nehmen. Obwohl es relativ flach blieb, kam ich nicht mehr auf Tempo 4:23, 4:20 liefen die Kilometer 9 und 10.
Es kam mir endlos weit vor, bis endlich der Wasserstand kam, an dem ich mir nur einen winzigen Schluck im vollen vorbeilaufen gönnte. Vor mir sah ich Jörg Gubesch laufen. Das half mir. An dem biss ich mich fest und kam langsam näher. Ein auf die Uhr ließ leichte Panik in mir hochsteigen, nur noch 42 Meter Vorsprung auf die 4:20er Pace. Der Wildförstersee glänzte im Licht der sinkenden Sonne zur Linken, ein tolles Bild durch sie kahlen Bäume. Garniert mit vielen kleinen Segeln vieler Boote, die den Wind als bessere Vorraussetzung zur Ausübung ihres Sportes ansehen konnten. Ich war bei Jörg und hoffte, er würde sich an mich hängen und wir könnten uns gegenseitig antreiben. Ich musste mir immer sagen, dass gleich nicht nur der Wind, der inzwischen nur noch von der Seite kam, von hinten blasen und der gepflasterete Gehweg der Masurenallee die Pace schon richten würden. Kilometer 11 piepste mit 4:21, also fast im Plan. Ich bog ab. Hier war ich beim 10er vor vier Wochen dann völlig am Ende gewesen, heute gng es zumindest etwas besser. Verdammt, Du musst hier zumindest die 4:20 halten. Das ist wichtig für den Kopf und damit für Wien. Ich visierte die Gruppe vor mir an und hängte mich daran. Und die kam tatsächlich näher. Etwas erschreckt und doch erleichtern nahm ich den Kilometer 12 mit einer 4:07 zur Kenntnis. Viel zu schnell, aber es ging ja plötzlich. Und nur noch schlappe 3000 Meter. Jetzt der Schleifer-Sven von hinten oder Roman wie beim 10er als Pacemaker wäre ideal gewesen, aber ich bin das alleine laufen ja gewöhnt. 
Ich musste wieder deutlich bremsen, das Tempo würde ich nicht halten. Warum eigentlich nicht, frage ich mich heute. Da ist das wieder. Hätte ich nicht auf die Uhr geschaut, sondern einem Pacemaker folgen können.....egal, bleiben wir im Rennen. An der Reagattabahn war ich wieder auf dem Trainingsweg vom Donnerstag. Und lief dort exakt dieselbe Pace, eine 4:14. Auch das war gut. Auch der 14. Kilometer lief konstant in diesem Tempo. Dann der letzte Kilometer. Die Friedrich-Alfred-Straße, auf der die Brücke, welche die Sportschulengebäude über die Straße hinweg verbindet, einfach immer nicht näherkommen will.
Aber ich biss. Ich war dort und bog rechts Richtung Stadion ab. Die Zeit auf meiner Uhr sah ich nicht, aber ich wollte jetzt nichts mehr verschenken. Auf der Tartanbahn zog ich nochmal an. Ich war auf der Innenbahn und plötzlich vor der Kurve eingekeilt. Die vor mir waren zu langsam, neben mir war jemand und hinter mir auch. Mist, aber irgendwie kam ich hinaus auf Bahn zwei, wenn auch erst in Kurvenmitte. Jetzt los, ich sah eine 1:04 auf der Uhr und wusste dass ich es hatte. Der Rest ist oben beschrieben. 
Michael kam wenige Sekunden nach mir, er hatte seine PB mit über 7 Minuten pulverisiert. Wir feiern gemeinsam auf der Bahn, ich hatte endlich wieder eine Bestzeit! Die erste echte seit Januar letzten Jahres. Die beiden 30er in Bertlich zähle ich nicht so richtig, weil ich die ja nicht auf Vollgas gelaufen war. Aber vor allem ist wichtig, dass ich mich im Wald nicht habe herunterziehen lassen sondern mein Ding durchgezogen haben. Und das ich Recht hatte und am Ende noch Körner in die Waagschale werfen konnte. Es waren zwar nur 10 Sekunden Verbesserung zu Werl-Soest 2012, aber da herrschte strammer Rückenwind die ganze Zeit.
Kaum hatte ich mir etwas über gezogen und hielt nach Claudia Ausschau, hörte ich von Roman, dass sie schon da war. Auch sie hatte heute Gas gegeben und mit 1:13:06 sich auch gehörig verbessert. Und da war sogar noch mehr drin. Doppelte PB gleich doppelte Freude. Insgesamt waren von fast allen von uns Ausdauerschülern gute Zeiten erlaufen worden. Beim leckeren Krombacher Alkoholfrei wurde das gebührend gefeiert, während Claudia noch ein Stück auslaufen wollte, um die 300 Kilometer für den Februar noch voll zu machen. Ach ja, Jörg war auch mit einer flachen 1:05 im Ziel, ebenfalls Bestzeit.
Was mir wichtig ist: Mir geht es hier nicht darum, ob ich besser oder schlechter als andere bin. Mir geht es darum, wie ich abschneide. Wenn andere besser drauf sind, gilt denen mein erster Glückwunsch! Anke kam mit einer tollen 1:02 als 3. Frau ins Ziel - wie gesagt, das war nicht meine Kragenweite.
Ein schöner Tag,wenngleich er durch die Derbyübertragung auf der Rückfahrt leicht eingetrübt wurde. Aber die PB's hätte ich heute für kein Geld der Welt gegen einen Derbysieg getauscht. Man muss auch mal gönnen können, so schwer es hier auch fällt.....
Jetzt geht es in die letzte Woche vor dem Trainingslager. Was freu ich mich auf die harte, aber superschöne Woche imm sonnigen Aadalusien mit Euch allen. Möge der Feinschliff physisch wie psychisch dort gelingen!

  

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