Dienstag, 12. Januar 2016

Das erste Mal in Kevelaer - ungeplant gut gelaufen

Irgendwann im Dezember planten wir mal so im Januar herum. Claudia erwähnte beiläufig, dass sie eventuell mit Kim "heimlich" in Kevelaer laufen wolle. Marco und Kim müssen eventuell arbeiten, wenn die Ausdauerschule sich Mitte Februar in Bertlich zum Testmarathon für Kapstadt trifft.
Kevelaer ist nicht allzu weit von uns entfernt, ein kleiner Wallfahrtsort dicht an der Grenze zu den Niederlanden. Na ja, es lag nichts an am Wochenende und lange Läufe standen eh auf dem Plan, was sollte also gegen einen 7-Runden-Marathon sprechen? Je näher der Termin rückte, desto größer wurde der Kreis der Freunde und Bekannte, die auch da starteten. Wir von der Ausdauerschule starteten mit insgesamt 7 Läuferinnen und Läufern, dazu Heike, die für das OTV Endurance Team unterwegs war. Michael, der sich zuletzt eher auf 5er und 10er-Rennen konzentriert und dort durchaus tolle Zeiten gelaufen war, wollte auch mit Freund Irek starten. Die beiden hatte die letzten 6 Wochen beim Training am Baldeneysee jede Woche einen 30-34 Kilometer-Lauf hingelegt, zumeist mit Endbeschleunigung in der letzten Runde. Ich bot mich am Dienstag an, Michael "einzubremsen", zumindest bis zur HM-Marke wollten wir eine 5er Pace laufen. Was nahm ich mir da vor?
Ich behauptete ja, 3:30 h im Marathon geht normalerweise immer. Aber ich wollte ja trainieren und mich nicht kaputt laufen, denn eine Woche komplette Erholungspause hatte ich jetzt nicht ins Training für die TTdR eingeplant. Also hatte ich zugesagt, dieses Tempo bis zur Hälfte vorzulegen, danach würde ich weiter sehen.
Kurz vor halb neun traf sich das magische Sextett Marco, Kim, Henning, Yvy und ich bei uns und wir fuhren in Kolonne in die Weiten des Niederrheins. Der Parkplatz am "Irrland", einem aus einem Maislabyrinth hervorgegangenen Kinder-Freizeitpark, war schnell gefunden. Was hatten die hier alles gebaut! Flugzeuge, die auf Türmen montiert waren und aus denen Rutschen herunterführten. Ein gewaltiger Nachbau der Fassade des Kolossseums und Flughafen-Schilder "Irrland Airport".
Airport Irrland
Bereits am Parkplatz trafen wir Frank Pachura und schnell gesellten sich weitere Bekannte zu uns. Ich mahnte zur Eile und das nicht umsonst, denn an der schönen Vereinsanlage der DJK Twisteden, die als Start-Ziel-Bereich fungierte, hatte sich bereits eine lange Läuferschlange geildet. Die Startunterlagen werden hier nur vor Ort ausgegeben und da schien es einen Stau zu geben. Aber keiner wurde nervös, keiner murrte und der Veranstalter entschärfte das Ganze, indem er schnell mal die Startzeit eine Viertelstunde nach hinten verlegte. Ausgestattet mit der postergroßen Startnummer überlegte ich noch kurz wegen der Bekleidung und entschied mich dann für das bewährte Zwiebel-Schicht-System. Kompressionsshirt kurz, darüber langarm Unterziehshirt und dann das Tanktop der Ausdauerschule. So war der Rumpf 3-Lagig verpackt, die Arme zumindest einlagig. Die Entscheidung sollte sich als richtig erweisen. Ich begrüßte und quatschte mich langsam vom aufgebauten Festzelt, indem man neben reichlich Sitzgelegenheiten auch eine gut ausgestattete Cafeteria vorfand, zur Startaufstellung durch. Claudia und Kim fand ich nicht mehr. Dafür meinen Arbeitskollegen, mit dem ich mal vor 10 Jahren in Duisburg beim Rhein-Ruhr-Marathon einige Kilometer gelaufen war. Er fand meine angedachte 5er Pace zu schnell, so stand ich dann bei Irek und Michael, wie es geplant war. Es blieb gerade noch Zeit für das Startfoto,
Mit Michael und Irek - der 3:30 Express möge rollen
dann wurden wir noch vor dem fiesen Gegenwind auf dem ersten Teilabschnitt gewarnt, und los ging es. On the Road again, der erste Wettkampf-Marathon seit Frankfurt.
Das Feld entzerrte sich recht schnell und wir liefen gegen den Wind über eine zweispurige Straße, zwischen einzelnen Gehöften und Weiden entlang. Zwei Pferde auf einer Koppel liefen ebenfalls, es sah aber bei annähernd gleichem Tempo wesentlich lockerer aus, als bei uns Läufern. Dafür roch es ein wenig nach einer Mischung aus Silofutter und Mist, wir waren halt auf dem Land. Der erste Kilometer wurde angezeigt durch eine lange Tafel, auf der insgesamt 7 Kilometerangaben übereinander auf die noch zu laufenden Runden hin deuteten. Insgeheim wünschte ich mir einen wasserfesten Filzstift, um diese jeweils abzuhaken. So musste ich dies vor meinem geistigen Auge tun. Der Weg hatte sich verengt, es ging an einem Wäldchen vorbei und 90 Grad in die Linkskurve. Geradeaus war der Feldweg von Streckenposten gesperrt, ein PKW mit gelbem Nummernschild, der wohl von diesen aufgehalten worden war, deutete auf die nahe Grenze zu den Niederlanden hin. Neben uns zwei Läufer aus dem belgischen Knokke. ich sprach sie kurz an, dass ich bei Ihnen im Juli noch den "Carrefour-Knokke-Strandloop" mitgemacht hätte ( http://www.laufen-in-dortmund.de/stories/2015/knokke.htm) und es da wesentlich windiger gewesen sei. Sie waren damals auch dabei, so klein ist halt die Läuferwelt.
Es ging nun ein wenig "bergauf", dazu nun am Waldrand entlang im vollen Gegenwind. Kilometer zwei war kurz hinter Ecke markiert, schon kam der VP. Kurz vorher boten die Treibhäuser einer Gärtnerei ein wenig Windschatten. Ich ließ den VP ihn aus und wir liefen weiter ein kurzes Stück, dann wieder links zwischen Gehöft und weiterer Pferdekoppel auf freies Feld.
Der stärkste Gegenwind war nun weg. Locker unterhaltend mit einer kleinen Gruppe, die sich gebildet hatte, ging es vorbei an Kilometer drei. Die Runde schien recht kurzweilig, keine endlos langen geraden Stücke, überall sah es anders aus. Eine weitere Linkskurve, dann wieder am Rande eines Wäldchens entlang, das nun den vollen Windschatten bot. Zudem schien die Sonne und ließ die gefühlte Temperatur gleich mal um 10 Grad ansteigen. schon bereute ich die dritte Lage Stoff auf meinem Rumpf. Eine Gruppe junger Damen kam uns laut anfeuernd entgegen. Mal sehen, wie lange die durchhalten würden, die waren wahrscheinlich vom Start in die entgegen gesetzte Richtung gelaufen. Irek und Michael sind dabei, Michael labert den gewohnten lustigen Blödsinn und ich bin überrascht, dass wir schon wieder links abbiegen, denn geradeaus hätte sich der Feldweg in einen Trecker-Trail verwandelt. Es geht nun wieder ein Stück gegen den Wind, vorbei an einem Spargelfeld und die Wärme ist im Sinne des Wortes weggeblasen. Aber nicht weit, dann mal rechts ab und wir sehen bereits wieder den Eingang zu unserer Runde. Hier kommt Als wir Richtung Start auf die Pendelstrecke einbiegen, sind die Führenden schon durch. Am Start wird Michael von Moderator Laurenz Thissen angesagt, sogar seine Marathon PB weiß der Mann. Aber "Die Stimme des Niederrheins" ist bekannt für seine gute und qualifizierte Moderation, ein Gewinn für jede Veranstaltung. Schade, dass wir so selten am Niederrhein laufen. Den VP nutze ich zu einem Schluck Tee, dabei fällt mir auf, dass ich meien Gels in der Sporttasche vergessen habe. Dann eben Unterversorgung trainieren, Karsten Kruck sagt ja immer so schön "Der Körper soll lernen, mit wenig auszukommen". Wir sind mit angezeigten 4:43 Minuten für den letzten Kilometer der ersten Runde etwas deutlich zu schnell, ich mahne zur Temporeduzierung. Zwar muss ich auf meine Garmin-Anzeige immer so ein bis zwei Sekunden dazu rechnen, aber zu schnell darf es für die beiden Jungs nicht werden. Bei Irek habe ich hier bereits den Eindruck, dass er nicht dabei bleiben wird. Uns kommen nun Läufer entgegen, ich sehe Dennis mit seiner Truppe vom TC Kray, dann auch Marcus mit dem LC-Aufgebot und auch Robert mit Heike und einer Gruppe vom OTV-Endurance Team. "Zu schnell, Heike" rufe ich ihr zu. Sie sagt irgendetwas davon, dass sie ja nicht durchlaufe wolle, der Wind verweht das gesagte, da wir ja gerade gegenläufig unterwegs sind. Auch Cousin André kam mir für meinen Geschmack zu früh entgegen, aber auch der ist ja alt genug. Leider bricht auch er oft am Ende ein. Die Runden vergehen, die Stimmung ist gut, aber ab der dritten Runde ist Irek zurückgefallen. Bei meiner Ansage 1/4 ist erledigt in der zweiten Runde war er noch dabei. Als ich wenig später "1/3" ausrufe, ist er schon hinter uns. Am Start versucht Laurenz Thissen ihn anzusagen, kapituliert schließlich aber vor der Vielzahl an Konsonanten mit einem "Irek.........von der LG Mülheim". Ehrlich gesagt, ich wüsste auch nicht, wie ich den aussprechen sollte. Bei der Halbmarathonmarke ist er dann außer Sicht.  Er war kurz vorher mal gesundheitlich nicht ganz auf dem Damm, darum mache ich keine Anstalten, ihn mit zu ziehen. Michael ist dabei und erheitert die Leute um uns herum durch das regelmäßig falsche Ansagen der Kilometerzahlen auf den Schildern. Das klingt doof, aber wenn man auf der dritten Runde bei Kilometerschild 3/9/15/23/29/35/41 läuft und einer sagt toternst "Hey, schon 9 Kilometer!" , dann kommen manche ans Nachrechnen.
Ich amüsiere mich regelmäßig darüber, denn so kennen wir Michel. Und solange er Witze macht, geht es ihm gut - wobei, da bin ich mir bei ihm nicht wirklich sicher. Aber er sieht locker aus und läuft jetzt auch öfters leicht vor mir. Mir selbst scheint es nun etwas schwerer zu fallen, zumal auch der Wind gefühlt von Runde zu Runde stärker wird. Ich sage Michael, dass ich nach der sechsten Runde Tempo raus nehmen wolle, er ist einverstanden und will weiterlaufen. Am VP kurz nach dem Wendepunkt probiere ich einmal einen Brocken Honigkuchen, der dem Marathon ursprünglich mal seinen Namen gegeben hatte.
Ich merke ein "Loch im Bauch", das Frühstück ist schon zu lange her.
Der Kuchen zergeht gut im Mund, das könnte eine Ergänzung zur TorTour-Nahrung für mich werden. Michael ist nach vorne weg und gewinnt rasch Meter. Ich unterhalte mich kurz mit zwei Läufern vor mir, den einen aus Waldniel kenne ich noch von meinen ersten Riesenbecker Sixdays. Der nächste versucht ein wenig, bei mir zu bleiben, schafft es aber nicht und fällt wieder zurück. Gefühöt bremse ich nun, aber meine Uhr sagt mir etwas anderes. ich werde gar nicht langsamer. Das heißt aber auch, dass Michael immer schneller wird, denn er entfernt sich immer noch. Hoffentlich haut das hin! Mir selbst geht es gut. Das ganz leichte Anzeichen von Müdigkeit in den Beinen aus der 4. Runde ist weg, zwar werde ich ein klein wenig langsamer, bleibe aber immer noch im Bereich unter 5 Minuten, das heißt dass die Zeit unter 3:30 h bleiben wird. Und nun übernimmt bei mir die Unvernunft die Kontrolle, denn nun will ich das auch schaffen. Es sind noch zwei Runden, die gehen hier so fix um. Das sollte klappen. Ich laufe alleine. Ich genieße die Sonne, die alles hier in ein fast magisches Licht taucht. Die Schafe und Pferde auf den Koppeln, die netten Mädels aus der ersten Runde, die sich von Runde zu Runde weiter vorarbeiten und immer irgendwie da sind, Die Streckenposten, die Fruchtgummi anbieten. Es ist einfach eine tolle Atmosphäre hier. Der erste Läufer kommt vorbei, mit seinem Führungsfahrrad. Wenig später bereits die erste Läuferin. Mann, ist die schnell. Ich gebe ein paar lobende Worte mit und muss aufpassen, mich nicht an sie zu hängen. Dann kommt Michael plötzlich immer näher. Viel mehr als "Alles gut" kommt nicht, als ich ihn schneller als gedacht erreiche. Ich hoffe, er bleibt nun bei mir und sage, dass wir auf Kurs sind, merke aber nicht, dass er wohl rasch zurück bleibt. Er ist platt. Ich steuere die letzte Runde an, nur noch die Pendelstrecke, dann bin ich da. Eine Arbeitskollegin aus Krefeld steht an der Ecke und sagt mir nochmal, wie locker ich aussehe. Und so fühle ich mich auch wirklich. Ich freue mich dennoch auf die letzte Runde. Ein kleines Spielchen geht nun in meinem Kopf ab. Ich rechne, wie langsam ich werden kann, um noch die 3:30 h zu unterbieten. 5:20 lautet das Ergebnis zu Beginn, es wird natürlich immer mehr, denn ich werde ja schneller und nicht langsamer. Aber das Gefühl, langsamer sein zu können, beflügelt irgendwie. Ich überhole noch einige, die in derselben Rundes ein dürften. Dann ist schon das Ziel in Sicht. Die enge Kehre bremst zunächst meinen "Endspurt", denn ich bin hier mit 4:26er Pace unterwegs. Auf die Uhr schaue ich gar nicht, wie weit ich unter 3:30 h bin, ist mir echt Egal. 3:28:19 sagt das Hightech-Gerät an meinem Handgelenk. Eine Tolle Zeit, schneller noch als 2014 in Köln bei für mich besseren Bedingungen, als ich Joshua ins Ziel gezogen hatte. Und ich fühle mich nicht wirklich kaputt. Dabei war die letzte Runde wirklich die schnellste. Aber alles in einer Schwankungsbreite von maximal 1 Minute pro 6-Kilometer-Runde gelaufen, wie ein Uhrwerk sozusagen. Irek ist bereits im Ziel, er ist ausgestiegen. Erfühlte sich noch nicht fit genug und hat das einzig richtige getan. Michael kommt knapp 3 Minuten nach mir ins Ziel. Er scheint auf der letzten Runde ziemlich eingegangen zu sein, ist aber dennoch ein tolles Rennen gelaufen und hat seine Marathon- Bestzeit  im dritten Versuch um fast eine Viertelstunde verbessert. Das ist eine Hausnummer.
Im warmen Zelt ziehe ich mir trockene Sachen über, duschen brauche ich nicht, denn wir wollen anschließend in die Sauna im nahen Goch. Dann quatsche ich noch ein wenig mit Oli Schoiber und Anke Libuda über die TorTour, die irgendwie immer mehr Besitz von mir ergreift.
Thema war unsere offensichtlich gute Grundgeschwindigkeit und die Auswirkungen auf den Ultra.
Cousin Andre ist etwas nach Michael ins Ziel, er hatte in den letzten Runden wieder Probleme. ich habe gar nicht bemerkt, dass ich ihn überholt habe. Dennoch auch für ihn ein gutes Ergebnis. Heike ist tatsächlich durchgelaufen und klar unter 4 Stunden geblieben,
so eben aus dem Training eine super Zeit. Auch Yvy und Henning sind unter vier Stunden rein und wirken recht fit. Während ich Claudia und Kim auf Ihre letzte Runde schicke, denke ich über die Trainingswoche nach. Hohe Intensität, für Ultra-Verhältnisse "nur" 108 Kilometer, davon aber mehr als die Hälfte unter 5er Pace. Dazu ein flotter Marathon mit einem tollen Ergebnis. Ich sollte zufrieden sein.
Ich weiß nun, dass ich 3:30 jederzeit flach laufen kann, wenn ich halbwegs im Training bin. Auch einen Brems- Zugläufer 3:30 hätte ich mir hier zugetraut, dann wäre ich am Vortag ja keine 20 Kilometer mehr gelaufen. Diese Pace in Kapstadt über 56 Kilometer zu halten, erscheint mir trotz der Anstiege nicht utopisch. Ich muss allerdings jetzt langsam auch mal langsam laufen lernen, durch die TorTour komme ich so nicht. Aber das sei gemeinsamen Trainingsläufen vorbehalten, der nächste Marathon in Bertlich Mitte Februar wird...... ja wie eigentlich gelaufen? Muss ich mir noch überlegen, wenn die 3:30 ja scheinbar immer geht.
Claudia und Kim kommen mit etwas über 5 Stunden ins Ziel. Der Plan ist aufgegangen, Kim konnte den Marathon gut und beschwerdefrei durchlaufen. Eine unschöne Szene erlebten die beiden noch in der vorletzten Runde, als ein Läufer vor ihnen her torkelte und um Hilfe bat. Mehrere Läufer liefen dennoch vorbei, bis die beiden da waren und den Mann sicher zum nächsten VP begleiteten, wo sich um ihn gekümmert werden konnte. So etwas darf es nicht geben, wenn jemand Hilfe braucht, halte ich an. So etwas wirft immer ein unschönes Licht auf die, die achtlos vorbei laufen.  Im Ziel schaffe ich es, die netten ;ädels, die gerade einen der Ihren im Zieleinlauf gefeiert haben und die auch uns auf jeder Runde zugejubelt hatten, dazu zu bringen, auch Claudia und Kim einen grandiosen Empfang zu bereiten. Kim fand es einfach nur schön. Danke von hier aus an die Damen.
Alles in Allem ein ganz fettes Dankeschön an die Organisation für einen perfekt und vor allem liebvoll familiär organisierten Marathon zu einem moderaten Preis. Claudia und ich kommen gerne mal wieder vorbei.

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