Sonntag, 22. Mai 2022

Riesenbecker Sixdays Tag 1

Start der Sixdays oder aiuch -"Coming Home"

Kennt Ihr das auch? Man kommt zu einer Veranstaltung zurück, bei der man einst Erfolge gefeiert hat (was unsereins Wald- und Wiesenläufer und Feierabend-Kenianer so "Erfolg nennen kann"), bei der man Niederlagen eingesteckt und sich gefreut, getrauert und.....einfach gelebt hat? 2018 Hatten Claudia und ich die Sixdays erstmallig seit unserem Start hier 2008 ausgelassen, weil wir die "Bergischen 5" laufen wollten, ein Ultra-Etappenlauf im Bergischen Land, so waren sie auch 2020 nicht in der Planung. Als die Welt und das Leben sich veränderten, das Land in Angst- und Panik verfiel und alles, was uns Läufern lieb und teuer war, ausfiel. 2021 meldeten wir dann auf Initiative unserer Mitläufer aus 2016 Marco und Kim nach, dann wieder die Enttäuschung. Nun endlich sind wir wieder da, nun mit Silke und Stephan als Sixdays-Debütanten. 


Viele alte Bekannte auf dem Dahlfsen-Platz, die wir freudig begrüßten. Beruhig, dass die alle auch genau wie wir älter geworden sind. Man weiß, wie die Abläufe sind, Taschen packen, Bustransfer, Briefing von Race Director Michael Brinkmann im Bus, Ankunft am Start. Dann die sich langsam steigernde Spannungsmusik....I will survive - Strong enough - Played alive. Bekannte und gewohnt Rituale und auch in mir steigt die Spannung, ob ich will oder nicht. Keine Nervosität, ich habe seit meinem ersten Auftritt hier 2008 vieles gemacht, was es im Laufen so gibt. Claudia und ich sind 100er gelaufen, Hundertmeiler, gar die 230 km der TorTour de Ruhr. "So'n Hunderter geht ja eigentlich immer" ist keine Arroganz, es kann stimmen. All das, was wir ehrfürchtig bei unserem ersten Start hier auf den Shirts der Teilnehmenden bewundert hatten, haben wir für uns möglich gemacht. Und doch berührt mich diese Veranstaltung mehr als viele andere, außer vielleicht jener Pfings-Wahnsinn von Winterberg nach Duisburg, der sich TorTour de Ruhr nennt.

Dann laufen wir, die Hauptstraße hinunter, am Rand steht Martina, die ich von früheren Teilnahmen kenne und die offensichtlich nicht dabei ist, dann in die Wiesen und Felder. Wind von hinten und von der Seite. Ich laufe auf Wolfgang von Marathon Ibbenbühren auf, auch ein Begleiter aller unserer Sixdays. "Wir sind zu schnell". Stimmt, 5:10er Pace. "Ich will nur 6er Pace". Etwas flotter wollte ich schon, also weiter. Hinten zu starten hat was, man läuft von Gruppe zu Gruppe auf. Ich bremse mich in etwa bei 5:15 ein, ob ich das halten kann, weiss ich noch nicht. Es ist mir auch nicht mehr so wichtig. Ich fühle mich im Tempo wohl. Seit Sommer 2020 hatte ich mit diversen Problemen zu kämpfen, erst angerissenes Innenband im Knie nach Sturz beim Wandern, dann meldete sich 2021 mein Bandscheibenvorfall aus 2002 zurück, wegen dem ich überhaupt mit dem Laufen angefangen hatte. Richtig im Training erst wieder seit Mitte März nach langer Pause, da sollte man defensiv laufen. 5:15 ist nicht gerade defensiv für meinen Zustand, aber ich fühle mich wohl. Und das soll es doch. Spaß machen. Schon sind wir am Kanal, gegenüber sind die schnellen Läufer (sorry, gendern tue ich nicht, falls Läuferinnen dabei waren, sind sie mit gemeint). Erkennen kann ich ohne Brille sowieso keinen, man wird halt nicht jünger. Immer wieder feuern uns Menschen an, besonders am Kanal sind die Vereine aus der Umgebung aufgereiht und machen Betrieb. 10 km in 52 Minuten, es ist nicht mehr weit bis zur Bergwertung. Hier war ich 2014 schon fertig mit der Welt und musste meine Ambitionen, 2012 nochmal zu verbessern, früh streichen. Gehört auch dazu. Dann das alte Fachwerkhaus, an dem es unweigerlich rechts ab und zudem langsam aber zunehmend hoch geht. Ich quäle mich ein wenig über den sandigen Feldweg, der kluge Ultra geht am Berg. Mache ich dann auch. Stramm hoch marschiert, ich bin schneller oben als ich dachte. Einige hatten mich überholt, die meisten würde ich bergab wieder einsammeln, das war früher immer so. Aber ist es noch wie früher? Ich brettere bergab. Der Weg kommt mir wesentlich besser vor als vor sechs Jahren, also laufen lassen. Dann die Groner Allee, lange geradeaus in die City. Die Pflicht ist getan, nun kam die Kür. Bis auf einen sammle ich tatsächlich alle wieder ein. Die Strecke ist etwas länger, man gönnt uns noch rund 800 m ansteigende Fußgängerzone zum Neumarkt. Dann das Ziel. 5er Pace geht am Ende, ohne zu sprinten. Denn das sollte man hier besser unterlassen, es war ja nur der Prolog. Michael sagt uns alle an, er moderiert wieder prächtig. Gegenseitiges Abklatschen im Ziel, dann ist auch Claudia da. Auch rechtflott. Auch sie hatte viele kleine Verletzungsproblemchen und ist erst seit Frühjahr wieder auf "dem aufsteigenden Ast". Silke und Stephan finishen zusammen, weit genug vor dem neuen Zielschluss von 2:30. 


Das war er, der erste Tag, der Prolog. Der Wiedereinstieg in die Legende für mich. Ich bin emotional berührt, nicht wie vor vier Wochen in Hamburg, aber dennochlässt mich das tolle Event hier nicht kalt.

Ein leckeres Eis in der Eisdiele direkt am Ziel, dann geht es wieder in unser Appartement am Nassen Dreieck. Regenerieren. Wie stand so schön auf dem Shirt der Dickenberger? "Morgen wirds härter".

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