So hieß es in der Ausschreibung des SV-Teuto.
Der 5. Tag der Riesenbecker Sixdays beginnt, wie der
traurige 4. Tag aufgehört hatte. Mit Dauerregen, der den ganzen Tag nicht
nachlassen wollte und der dem nicht unerheblichen Anteil an Waldwegen und
Single-Trails an der heutigen Etappe wohl mächtig zusetzen dürfte.
Heute kommen Marco und Kim, unsere Trainingskollegen aus der
Ausdauerschule, uns für die letzten zwei Tage besuchen. Das freut uns sehr.
Einmal zeigen wir gerne anderen Lauffreunden diese wunderbare Veranstaltung,
andererseits lenken uns auch neue Gesprächspartner mal wieder von den
schrecklichen Ereignissen der vergangenen Tage ab. Wir haben daher auch etwas
mehr Zeit, denn zum Ziel zu fahren und mit den Bussen wieder zurück, wo der
Start doch nur 500 m von unserer Unterkunft aufgebaut ist, macht ja irgendwie
wenig Sinn. Zurück wollen wir dann mit Marco und Kim fahren.
Leider müssen sich die beiden durch den dichten Feierabendverkehr
wühlen und würden es nicht bis um Start schaffen, uns zu treffen. Also schicke
ich Ihnen eine Liste mit Adresssen, an denen sie die Strecke gut erreichen
können, das erste Mal an der Dickenberger Kirche bei Kilometer 9,5.
Meine Stimmung ist trotz des Regens immer noch verhalten, aber
ich kann mich im Gegensatz zu gestern wieder auf das Laufen konzentrieren. Die
Liste von der „Karine-Etappe“ habe ich mir noch gar nicht genau angesehen. Aber
ich weiß nun, dass das Ergebnis hier für mich nur noch eine untergeordnete
Rolle spielen wird, ich will hier jedoch ohne Zeitdruck alles geben, ohne etwas
erzwingen zu wollen. Was dann dabei herauskommt, ist in jedem Falle gut.
Wir treffen einige Laufbekannte und schließlich Andre und
Familie, machen unsere obligatorischen Startfotos, diesmal in der Pausenhalle.
Denn es regnet weiter ohne Unterbrechung. Erst kurz vor 18:00 Uhr begeben wir
uns in die Startformation, ich reihe mich diesmal wieder an gewohnter Stelle
ein. Dort treffe ich Birgit und Dieter. Ich gebe Birgit noch den Tipp auf den
Weg, gleich nach vorne u gehen, denn auf dem ersten Kilometer gibt es zwei
Engstellen, an denen es zu Stau kommen kann. Nach der zweiten Engstelle geht es
dann einen schmalen Trail entlang, wo schlecht überholt werden kann. Dann geht
es los. Ich sehe auch zu, dass ich zunächst wegkomme und schaffe den ersten
Kilometer auch in einer Pace von 4:32. Kein Wunder, dass ich mich schon so
fertig fühle. Dann geht es um die zweite Engstelle ohne großes Gedränge in den
Wald am Uffelner Berg. Meine Schuhe sinken sofort faste bis zur Schnürung ein,
viele versehen, den Schlamm zu umlaufen und beginnen dadurch an den schrägen
Rändern des Weges zu rutschen. Ich gehe einfach mitten durch. Das Geläuf geht
aber sofort in die Waden und wir schaffen bergab nur eine Pace deutlich über 5.
Hier konnte ich vor zwei Jahren noch ordentlich Tempo machen, das geht heute
nicht. Aber ich will auch nicht durch waghalsige Überholmanöver andere
gefährden. Aber mein Kopf ist heute freier. Ich denke ans Laufen, und das ist
ein großer Unterschied zum Vortag. Den Dauerregen merke ich unterwegs kaum.
Dann endlich der erste befestigte Feldweg. Ich laufe so vor mich hin und
wundere mich, dass diese beiden relativ flachen Kilometer mir ein eine Pace von
4:46 bescheren. Dennoch werde ich überholt. Aber ich bin froh, dass ich mich
weiterhin von allen Positionskämpfen hier gelöst haben. Ich kann und will es
jetzt nicht mehr ändern, ich laufe, was sich ergibt und alle Anderen sind mir
nun egal. Es geht stramm bergauf an einem Bauerhof vorbei, hier stehen einige
Zuschauer. Die bewundere ich, bei diesem nasskalten Wetter hier zu stehen und
uns anzufeuern ist eine tolle Leistung, die ich auch immer mit einem „Daumen hoch“ oder zumindest einem
Dankeschön bedenke.
Und wieder geht es in den Wald, wieder runter, dann hoch.
Auf einem Kilometer gewinne ich wieder 60 Höhenmeter, in dem knöcheltiefen
Schlamm kein Vergnügen. Trotz meiner Trailschuhe rutsche ich ordentlich, bin
aber wieder froh, dass ich die gekauft habe. Es geht eine Treppe hoch, dann
wieder eine steile Straße, eine Unterführung unter der Hauptstraße durch
Dickenberg, wieder Treppen, dann komme ich an die Kirche. Wir sind hier mal
gerade einen Kilometer vom Start entfernt, aber haben schon 9,5 Kilometer um
den Uffelner Berg hinter uns. Jetzt wird es erst einmal flacher. An der Kirche
befindet sich der zweite Verpflegungsstand, hier stehen auch wieder sehr viele
Zuschauer, die uns rythmisch beklatschen. Ich sehe Marcos Auto am Straßenrand
parken, dann sehen ich auch Marco und Kim. Ich gehe kurz hin und umarme die
beiden, soviel Zeit muss sein Freunde aus der Heimat spornen immer an, ich
laufe gleich wieder lockerer weiter. Das Feld hat sich hier schon gut auseinander
gezogen, ich laufe wieder mal alleine. Ob es an meinem Deo liegt? Im oment wechselt die Strecke zwischen welligen
Wohngebieten und kurzen, tief verschlammten Waldstücken. Aber das Kohlekraftwerk
kommt näher. Steil hinab eine kurze Straße, dann ein Wasserstand. Ich trinke
einen Schluck, laufe langsam hinauf. Hier macht ene Nachbarschaft Party vor der
Türe, mehre Kinder stehen da, eins mit Megaphon, welches alle Nummern der
ankommenden Läufer ausruft. Die anderen klatsche ich ab, die Kinder freuen
sich. Es geht immer wieder kurz hoch und kurz hinab, dann erreichen wir die
Straße am Kohlekraftwerk Ibbenbüren. Wir laufen vorbei am Stauu der
angehaltenen Autos, dann überqueren wir die Straße. Jetzt geht es tendenziell
bergab. Christian vom TV Mesum läuft plötzlich neben mir. Er lief auch immer
wider mal in meiner Gegend bei den letzten 4 Sixdays-Veranstaltungen.
Wir
unterhalten uns während des folgenden Bergab-Kilometers, dann lasse ich ihn
laufen. Ich will ich jetzt nicht an jemanden dran hängen und damit wieder etwas
zwingen, meine Puls möchte ich schon im Griff behalten. Wieder geht es hoch. „Die
letzte Steigung“ ruft mir ein Helfer zu. Noch einmal geht es steil bergab, dann
werde ich von den nächsten Helfern frühzeitig gewarnt, denn es geht nun 90 Grad
links auf den letzten Trail in den Wald hinauf. “Das letzte Mal hoch“ höre ich
den Streckenposten hinter mir. „Das höre ich schon zum 4. Mal“ scherze ich
zurück. Irgendwie scheinen die hier eine andere Vorstellung von Steigung zu
haben. Matsche, Matsche, Masche. Es geht immer wieder wellig voran. Was mir
hier besonders zu schaffen macht, ich, dass die Zweige der Bäume durch die
anhaltende Nässe immer recht tief hängen, so dass ich mich bücken muss.
Gleichzeitiges Beugen des Oberkörpers, während die Füße nach Halt suchen,
stellt an sich schon eine gymnastische Herausforderung da. Das Problem an
diesem Trail ist, dass er am Berghang verläuft, ohnehin leicht talwärts
abgeschrägt ist und durch den Morast eine echte Gefahr darstellt. Ich habe
wenig Lust, da herunter zu rutschen und mir am nächstbesten Baum eine
Rippenprellung oder Schlimmeres zu holen. So geht dieser Kilometer leider nur
in einer 7er Pace. Dann endlich geht es teil bergab, ich lasse wieder etwas
mehr rollen, dann hier könnte ich nach rechts oder links vom Weg ins Lauf
ausweichen. Dann endlich die Asphaltstraße, jetzt erst mal rollen lassen. Es
fühlt sich schwerfällig an, aber eine 4:34er Pace schaffe ich hier noch. Ich
will jetzt nur noch durch den Regen ins Ziel kommen. Es geht nun leicht bergab
bis flach, aber die Strecke entlang der Hauptstraße zieht sich. Ein älterer
Läufer, geschätzt M70, überhol mich. Ist mir auch egal. Dann geht es endlich
nach rechts hinter das Sportzentrum Ost, wo bis 2010 der Zieleinlauf stattfand.
Jetzt lotsen mich klatschnasse Helfer am Eingang vorbei über den Parkplatz über
die Brücke zum Aasee-Rundweg. Ich höre schon die Samba-Trommeln des Ziels.
Weiter, weiter weiter. Die Füße laufen von alleine, aber die Oberschenkel
brennen. Dann der Beachclub in Sichtweite, dahinter ist das Ziel. Sprinten will
ich nicht, dennoch bin ich schneller. Ein Zielkanal, dicht gesäumt von
Zuschauern. Ich werde angesagt. Die letzten 400 Meter gaben noch eine 4:32er Pace. Das ist nichts, aber mit den dicken Beinen von der Schlamm-Tour fand ich mich noch ganz gut. 1:57, knapp unter zwei Stunden für knapp 22,5 Kilometer mit gut 260 Höhenmetern. Die schlimmsten Berge liegen ebenso hinter mir wie 5 Etappen, und heute habe ich wieder ein gutes Gefühl. Und die Ergebnisliste am späten Abend sollte mich bestätigen. Birgit und Andre erwarten mich bereits, sie hatten auch gut zu kämpfen. Aber wer nicht. Ich ziehe mich schnell um und die nassen Sachen aus, dann erwarte ich Claudia. Sie kommt nach 2:13 h ins Ziel und lacht wie immer. Unfassbar, wie sie das immer hinbekommt. Leider bleibt wenig Zeit, denn es regnet und wir haben nur noch 18 Stunden bis zum Start der letzten und sechsten Etappe. Die Sixdays sind wieder ein Lauf geworden. Die Musik im Ziel spielt wieder wie gewohnt. Das heißt nicht, dass Karine bereits vergessen ist. Aber der Tod lief heute nicht mehr mit. Jedenfalls nicht bei mir.
Wie ich hörte, soll die 3. Etappe nun künftig nach Ihr benannt werden. Eine tolle Idee, wie ich finde.
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