Montag, 26. Mai 2014

Riesenbecker Sixdays - "Königsetappe" Ibbenbüren-Tecklenburg

Die „Königsetappe“ von Ibbenbüren nach Tecklenburg wartet an diesem sonnigen Sonntag auf uns. Michael Brinkmann – Mr. Sixdays – hat am Samstag im Rahmen seiner Moderation gesagt „Wenn Ihr diese Etappe habt, habt ihr zwar nicht die Hälfte, aber die Hälfte des Kraftaufwandes der Sixdays hinter Euch“. Ich wusste nicht, ob ich davor nun Angst haben sollte. Gefühlt lief es bei mir die ersten drei Male an diesem zweiten Tag trotz der „Berge“ ganz gut. Aber jetzt lief es gestern schon nicht so wie erhofft, mal sehen, was heute kommen würde.
Heute fahren wir alleine, denn Birgit aus unserem Hotel hat sich noch mit einem Bekannten verabredet. Da in Tecklenburg zeitgleich am heutigen Sonntag die Freilichtbühne an der Burgruine eröffnet und dort ebenfalls 2500 Gäste erwartet werden, sind sowohl der Zieleinlauf als auch die Parkplätze ein wenig verlegt. Das ist einerseits schade, nicht weil wir von den Parkplätzen am Waldfreibad nun ordentlich nach oben in den Ort laufen müssen und somit schon mal Höhenmeter an testen dürfen, andererseits aber auch, weil der alte Zieleinlauf die Schloßstr. hinunter zu den schönsten gehört, die ich kenne. Dafür erspart uns das neue Ziel die letzten Höhenmeter zur Jugendherberge, lassen wir uns also überraschen. Am Parkplatz werden wir toll von den Helfern eingewiesen, die uns auch gleich den Weg erklären. Wir kommen an einem Fussballplatz vorbei, wo sich gerade ein paar Kreisliga-Kicker „aufwärmen“. „Wenn‘s einfach wäre, würde es Fußball heißen“ sage ich zu Laufkollegen, die neben mir her den Berg nach oben zu den Parkplätzen marschieren. Der stimmt mir zu. Und so ist es. Während die Kicker nebenan wahrscheinlich noch den 11. Oder zwölften Mann herbeitelefonieren, weil der am Samstag auf der Piste war und 13 Uhr Anstoß einfach zu früh ist. Egal, wir sind Läufer, die meisten von uns waren früh im Bett und kaum einer wird den Samstag gezecht haben.
Die Busse warten bereits aufgereiht am Parkplatz, wir steigen ein und Michael Brinkmann brieft uns heute etwas ausführlicher für sie zweite Etappe. Norbert Knobbe aus dem Orga-Team fährt mit im Bus mit und erläutert uns unterwegs über Mikro noch einige Streckenabschnitte, an denen wir vorbeifahren. Dann sind wir da. Ludwigschule Ibbenbüren, 13 Uhr mittags. Die sonne steht hoch am Himmel. Die IVZ-Sonderzeitung mit den ersten Fotos und Ergebnislisten vom Vortag wird verteilt.
Auch das ist hier ein toller, aufwändiger Service! Dann treffen langsam Cousin Andre mit Family, Manfred, Tanja und andere Bekannte ein. Man redet sich ein wenig die Nerven ruhig, währen man sich startklar macht. Dann die Besuche auf den Schultoiletten, Gepäckabgabe am Hänger, und schon stehe ich mit Andre im Startblock. Ich will heute nicht so schnell los und wäre froh, wenn ich eine 4:35er Pace bis zum Berg hinbekäme. Die Startmusik erklingt, „Hölle, Hölle, Hölle“ . Auch „Atemlos“ verspricht und einen bald folgenden Körperzustand, dann schickt uns der Countdown auf die Piste.

Ich komme gleich schlecht weg, das Bucklige Profil der Groner Allee mach mir gleich zu schaffen. Auch wenn es sich mit meinen neuen Salomon X-Scream Citytrail an den Füßen nicht ganz so heftig anfühlt. Aber es geht leicht bergan, das hatte ich gestern in umgekehrter Richtung gar nicht so gemerkt. Dann unter der Autobahn durch und links abgebogen, es geht ein Stück über schattenlose Felder. Der Herrgott meint es gut mit uns, denn gerade hier verschwindet die Sonne hinter einer größeren Wolke. Kilometer eins ging bei mir in 4:34, fühlte sich aber schon wie Blei in den Beinen an. Kilometer zwei schon in 4:40, fand ich aber weiter anstrengend. Bereits hier verabschiede ich mich endgültig von allen Plänen und vergleichen mit Vorjahren. Ich muss hier so laufen, dass ich noch Spaß dabei habe. Eine Leistung wie 2012 wird hier aus bekannten Gründen nicht möglich sein. Zuviele Körner hat Hamburg gekostet. Birgit und Dieter kommen schon an mir vorbei. Ich lasse sie laufen. Birgit ist eine Kanone. Vor zwei Wochen noch Bödefeld-Ultra, jetzt misct sie hier schon das Frauen-Feld auf. Die Berge gleich werden ihr liegen. Es sind hier viele Zuschauer an der Strecke, eine tolle Stimmung trotz des Feldweges. Danngeht es endlich rechts ab, den ersten Berg hinauf. Schnell muss ich gehen, denn die Straße zieht sich steil durch den Wald. Stefans Vater läuft an mir vorbei. „Stimmt, viel langsamer ist das auch nicht“ sagt er zu mir und erläuft sich nur rund 10 Meter Vorsprung. Dann ist der Wald geschafft, es geht etwas moderater über einen Feldweg zum Kamm des Teuto. Auch hier wieder viele Zuschauer, die einen Heidenlärm veranstalten. „Müsst Ihr immer da stehen, wo wir am besch….. aussehen?“ scherze ich die Zuschauer an, während ich langsam wieder den Trab aufnehme. „Hier sehen wir Euch länger“ ruft ein Zuschauer mir nach. Tolle Atmosphäre. Ich merke, dass das Gehen mir nun eine schnellere Tempoaufnahme ermöglicht, ich überhole wieder einzelne Läufer.

Ich schätze mich jetzt etwa auf Position 150, ich werde heute grandios nach hinten gereicht, das ist mir hier schon klar. Immerhin bin ich in 6:17 den Kilometer 4 in praller Sonne und 60 Höhenmetern hochgekommen. Es wird ein kurzes Stück gerade, dann geht es auf der Südseite des Teutos wieder hinab. Ich lasse wieder laufen, muss beim Überholen ab und an aufpassen. Berab rennen ohne Rücksicht auf Verluste konnte ich schon immer gut, ich laufe keine Gefahr, umzuknicken. Stabi sei Dank! Mit dem neuen Schwung komme ich nun phasenweise gut ins Rennen. Stefans Vater ist immer kurz vor mir, kommt aber auch nicht weg. Auch Dieter sehe ich noch vor mir aam ersten Verpflegungsstand. Dort trinke ich im laufen meinen Schluck Wasser, dann geht es durch die Sonne links ab und wieder leicht bergan. Die Kilometer 5 bis 10 führen nun im Wechsel von Wald- und Feldabschnitten am Südhang des Teutos leicht ansteigend Richtung Brochterbeck. Rechts eine Kuhwiese, einige dicke braune Kühe sehen kauend gelangweilt zu uns herüber. Auch ein tolles Publikum. Es riecht leicht nach Mist. Aber das ist schnell vorbei. Hier ist es recht einsam und ich habe auch keine Gruppe. Mal kommen welche von hinten vorbei, mal gehe ich an welchen vorbei. Aber niemand hat mein Tempo. Ich bewege mich hier immer so zwischen 4:45 und 5er Pace, je nach Profil. Hier im Schatten duftet es nun nach Wald, ich beginne, mich für Minuten einfach mal in den Lauf „fallen zu lassen“. Zeiten und Ziele sind im Moment weit weg, ich laufe nur noch und erlebe bewusst den Licht- und Schattenwechsel. Irgendwann ist es damit vorbei, ich habe zwischen Km 6,5 und 10 so 25 Höhenmeter entlang des Berghanges gewonnen, die geht es nun wieder hinab nach Brochterbeck. Norbert hatte uns im Bus auf eine Baustellenampel dort hingewiesen, an der wir gegebenenfalls zum Halt aufgefordert werden könnten. Aber zunächst erwartet uns im Dorfkern wieder eine tolle Stimmung samt Trommelgruppe. Leider auch ein uneinsichtiger Autofahrer, der die Sperre der Helfer ignoriert und sich durch uns Läufer schlängelt. Ich trinke mein Dextro-Flüssig, denn gleich kommt der heftige Anstieg. Erst noch der zweite Wasserstand, ich halte kurz für einen Becher an, denn ich möchte ihn nicht hälftig verschütten. Das es danach noch mal kurz hochging, hatte ich nicht mehr auf dem Schirm. An der Baustellenampel habe ich Glück, ich komme sofort durch. Dann geht es steil in den Wald den Berg wieder hinauf. 110 Meter auf 1 ½ Kilometern. Mein strammer Gehschritt verhindert hier nicht, dass einige Läufer wieder an mir vorbei gehen. Auch eine blonde Frau in rotem Dress, die mich auf dem ersten Anstieg das erste Mal überholt hatte und die ich dann ober wieder „kassiert“ hatte, ist wieder vorbei. Oben gemeint angekommen zu sein, geht es noch über einige Felsstücke, dann rechts ab Richtung Waldkapelle. Oben sind wir nämlich doch noch nicht angekommen. Es geht vorbei an der Waldkapelle, wo einige Zuschauer auf uns warten, auf dem Gratweg, dann endlich mal kurz und knackig bergab und nach wenigen Metern eine 90-Grad-Linkskurve wieder hinauf. Ich trete fast einem der Zuschauer in der Kurve auf den Fuß, weil ich soviel Schwung habe. Der hält sich leider nicht lange, den nun geht es entlang des Nordhanges über weichen Waldbogen stetig auf und ab Richtung Tecklenburg. Meine Beine werden hier nicht mehr leicht, wie noch hinter dem letzten Berg. Ich bemühe mich, Anschluss zu halten an die Läufer vor mir, es gelingt mir nur teilweise. Dennoch fliegen die Kilometer so dahin. Ab und an grinst mich zur Linken das Ibbenbürener Kohlekraftweg hoch oben auf dem Berg an, einer der "höhepunkte" der 5. Etappe. Ich trinke mein zweites Dextro-Flüssiggel, hat es mir beim ersten Male noch einen Kick gegeben, bleibt der diesmal aus. Aber vielleicht hat es ja Schlimmeres verhindert. Der letzte Wasserstand, dann geht es nach Tecklenburg. „Geht es jetzt gleich runter?“ fragt mich eine blau gekleidete Läuferin, die schon eine ganze Zeit in „meiner Gegend“ läuft. „Erst mal noch kräftig hoch“ verkünde ich während wir rechts auf die Straße nach Tecklenburg abbiegen, die sich den Berg hinauf zieht. Das schien nicht für Entzücken hinter mir gesorgt zu haben. Hier kann ich aber den Trab beibehalten . Aber es kommen wieder Zuschauer, die unsere Kletterei mit rythmischem Klatschen begleiten. Toll!  . Durch die geänderte Zielführung sehe ich nun vor dem Abzweig zum legendären Hexenpfad auf der anderen Seite die ersten Läufer in die Zielstraße einbiegen. Ich bin erstaunt, wie viele das schon sind. Auch die Stimme von Michael Brinkmann höre ich bereits, als ich steil nach rechts hinab auf den Hexenpfad geschickt werde. Hier geht es einen steilen, U-förmig eingeschnittenen Waldweg mit Wurzeln und Steinen und kurzen Treppenabschnitten hinunter. Ich rufe wieder mein fast schon traditionelles „Hexenpfaaaaad – yeah!“ und stürze mich hinab. Wir verlieren 90 Höhenmeter auf 800 Metern, alles im Bewusstsein, das gleich wieder hinauf zu müssen. An den Treppenstufen werde ich leider von einigen Läufern eingebremst, die vorsichtiger als ich den Berg herunter laufen und ich muss dahinter bleiben. Am alten stillgelegten Bahnhof empfangen uns wieder Zuschauer, dann geht es in den Wald Richtung Königsteiche. Auch hier steigt der Waldweg mal gleich wieder dezent an und ich komme nicht mehr auf Tempo. Beine schwer wie Blei, mental wenig Motivation, weil die Zeit ja ohnehin im Eimer sein muss. Ich wundere mich, dass Andre noch nicht an mir vorbei ist. Dann endlich die Kreuzung an den Eisenbahnschienen, es geht zwischen den Teichen wieder Richtung Berg. Mein Verdauungstrakt macht leider auch Probleme, die sich natürlich durch den Einteiler, den ich heute tragen, nicht verringern. Eben mal austreten ist nicht. Egal, bis zum Ziel muss es gehen. Das „Himmelreich“ wartet auf uns. „Himmelreich bedeutet hier 80 Höhenmeter auf 900 Metern, aber im Bewusstsein, dass das Ziel dann nah ist. Ich gehe wieder hinauf, die beiden Frauen in rot und blau gehen wieder vorbei, einige andere auch noch. Ich habe nicht die Kraft, dagegen an zu kämpfen und setze auf das letzte Flachstück. Mit kurzen Trabpassagen gelingt mir dieser Kilometer noch in 6:31, dann wird es endlich flacher. Die rote Frau habe ich recht schnell, an der blauen habe ich noch zu kämpfen.
Noch zweihundert Meter, ruft mir ein Helfer zu, als ich den alten Zielabschnitt hinauf zur Jugendherberge passiere. Hier schenkt man uns großzügig die letzten 20 Höhenmeter. Ich ziehe an. Die Frau in Blau kommt näher, es geht rechts hinab. Der Abschnitt der Strecke ist neu. Über eine Wohnstraße geht es zunächst hinunter, dann wieder leicht hoch in die Altstadt. Was bin ich froh, dass ich gleich da bin. Die Uhr steht am Rand, bevor ich das Ziel sehen kann…..1:48? Das wäre 9 Minuten schlechter als im letzten Jahr. Gott sei dan war es dann nur eine 1:45, meine Augen sind schlechter geworden und meine Fernsichtbrille trage ich beim Laufen nicht. Ich ziehe an und sehe das Ziel. „Alter Schwede“ zitiere ich Frank Pachura als erstes, nachdem ich das „Thomas Kühnen von der BSG Sparkasse Duisburg“ aus den Lautsprechern gehört habe. Geht doch, Michael. Aber heute ist ja auch nicht die „Volksbank-Etappe“ ;) . Im Ziel bekomme ich ein Buff als Geschenk in die Hand gedrückt. Auch dass ist hier immer ganz toll, gestern gab es eine Fleece-Mütze, heute ein Buff. Dann kommt Andre und beglückwünscht mich. Er ist super gelaufen, 1:42 und damit in der „Familienwertung“ wieder vorne. Ich habe eine 1:46 erreicht. Jemand hängt mir eine Medaille um und gratuliert. Seit wann gibt es hier Medaillen? Es ist Reiner von der Facebook-Gruppe Running Lions, ein Laufbekannter mit seiner Tatjana. Die sind extra hierher gereist, um uns mal anzufeuern und um die Luft der Sixdays zu schnuppern. Die Medaille ist ein Butterkeks aus Kunststoff mit meinem Namen drauf. Eine tolle Sache, die mich riesig freut. Aber erst einmal muss in ungemütlich werden und den etwas längeren Weg zur Taschenrückgabe nehmen, denn darin ist meine Kamera und ich möchte Claudias Zieleinlauf knipsen. Leider ist es bereits zu spät. Claudia erwartet mich bereits am Verpflegungsstand. Sie hat eine gute 1:57er Zeit gelaufen und dürfte sich damit noch im Feld verbessert haben. Irgendwie hat sie Hamburg besser weggepackt als ich. Aber das kann auch die Euphorie der Bestzeit dort bewirken.
Wir quatschen noch ein wenig mit Reiner und Andre samt Anhängen, dann geht es den weiten Weg zurück zum Parkplatz. Der tolle Zieleinlauf hat seinen Preis. Wir wollen abends noch in Riesenbeck die traditionelle Vortragsveranstaltung besuchen und vorher essen gehen, mit dem Kurzsaunagang in unserem Ferienhaus wird das dann eine zeitlich enge Kiste.

Das Resultat hat mir diesmal echt zugesetzt. Ich muss am Montag erst mal wieder sehen, dass ich mich konsolidiere und wieder locker ins laufen kommen. Den Blick auf die Uhr sollte ich mir sparen, aber ob mir das gelingt?
Hier nochmal ein Wort zur Vortragsveranstaltung. Ich finde es eine tolle Sache, dass Michael Brinkmann sich bei all dem Stress noch die Zeit nehmen kann, diese überhaupt zu veranstalten. Der Besuch ist immer relativ übersichtlich, zieht man die Helfer einmal ab. Hier berichtet Dr. Schomaker von der Uni-Klinik Münster konzeptfrei über Ernährung und andere Substitutionsprobleme beim Ausdauersport. Insbesondere geht es ihm um das "zuviel" Trinken, was sehr in Mode gekommen sei und gefährlicher, als die gefürchtete Dehydrierung. Nachdem einzelne Fragen beantwortet sind, erzählt Michael Brinkmann noch einiges über die Organisation der Sixdays. Hier wird nichts dem Zufall überlassen, von der Moderation, vom heranholen und dabeihalten der Zuschauer und von der Musikauswahl bei Start und Ziel. Na ja, dann hatte es ja seinen Sinn, dass Claudia gestern "Atemlos" über die Ziellinie kam.....
An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön nochmal an alle Helfer, die hier wirklich mehr sind als nur Streckenposten.
Die Liste, die während der Veranstaltung online geht, bestätigte dann meine Befürchtungen. Bin auf Platz 158 gelandet und somit schön durchgereicht worden. In der Gesamtwertung nun nur noch 132. Auch die 10 Stunden sind in gefahr, wenn ich mich hier nicht am Riemen reiße.  Ich will es weiter versuchen. Aber es wird ein Kampf bleiben.
Mehr Fotos gibt es hier:
http://www.riesenbecker-erlebnislaeufer.de/riesenbecker-sixdays-2014/fotos/2-etappe-riesenbecker-sixdays/


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