Samstag, 10. Januar 2015

Road to Vienna Chapter 6 - "Manchmal läuft's sch......."

Es ist wieder Montag. Als ich das realisiere, läuft der Radiowecker schon 10 Minuten. Und ich denke schon vor dem Aufstehen an meinen Tempowechsellauf, den ich am Abend vorhabe. 2 Minuten GAT 1 und 8 Minuten GAT 2 mit 5 Wiederholungen. Das macht mir eigentlich Spaß, aber ich fühle mich am Morgen noch so schwer. Hat mit Sicherheit etwas damit zu tun, dass ich die 110 Minuten GAT 1 von Samstag auf Sonntag verschoben und noch eine Endbeschleunigung eingebaut hatte. Dafür beschloss ich dann einmal, wirklich eine Stunde früher aus dm Büro nach Hause zu fahren. Mein Überstundenkonto lief eh über, insofern gönnte ich mir zumindest den winterlichen Luxus, den Tempowechsellauf bei Tageslicht zu absolvieren. Das erleichtert mir die Tempokontrolle ungemein, leichter wurde es insgesamt zunächst aber nicht. Bereits das erste Intervall lief ziemlich schwergängig, danach sagte ich mir nur immer "um die 4:30 soll Dein Marathon-Anspruch sein, dass wirst Du hier verdammt nochmal jeweils 8 Minuten durchhalten!". Und mit dieser Form der Eigenmotivation wurde es tatsächlich von Mal zu Mal besser. Ich blieb klar unter 4:30 und es fühlte sich immer "normaler" an. Ziel der Einheit also Erreicht! Dienstag dann Laufpause, dafür wieder Stabi-Training Rumpf- und Rückenmuskulatur mit Nils bei Bunert. Ohne dabei die Lachmuskulatur zu vernachlässigen ging es dennoch ganz gut ab und nach 60 Minuten wussten wir, was wir uns da wieder hatten antun lassen. Aber auch das ist wichtig, man sollte nicht nur an die Beine denken und mit der Truppe dort macht es definitiv mehr Spaß als alleine.
Mittwoch 50 Minuten GAT 1 lief rund und gut auf der gewohnten Winterrunde um den See und durch den Wald, am Donnerstag dann standen die gefürchteten 12 x 400 Meter auf dem Plan.

400-Meter-Intervalle sind für mich so ziemlich das böseste, was ich mir vorstellen kann. Während 100 und 200 Meter immer irgendwie vorbei gehen, können sich 400 Meter unendlich dahinziehen. Die müssen aber genauso mit Vollgas gelaufen werden, nicht so wie die 800 Meter, die man ja schon mit deutlich moderaterem Tempo angeht. Den ganzen Tag hatte es in Strömen gegossen, meine Lust tendierte also zusätzlich gegen null. Aber Plan ist Plan und gerade hier lernt man Disziplin und Biß, also wieder um 18:30 Uhr im Büro umgezogen und ab zur Regattabahn. Zur Ansprache bat uns Trainer Schleifer-Sven dann noch unter die Tribünentreppe, kündigte aber an, dass es ja um 19:00 Uhr ohnehin aufhören würde. Und was soll ich sagen - er hatte Recht! Wie soll ich noch an den Anweisungen dieses Mannes zweifeln? Wie dem auch sei, ab ging es, nicht an die Regattabahn, sondern auf die Straßen rund um die MSV-Arena (Sorry Sponsor Schauinsland-Reisen, aber die offizielle Bezeichnung ist mir zu lang. Oder spendiert Ihr mir dafür einen Urlaub?). Nach 1,5 Kilometern aufwärmen ging es dann ab Wendehammer Friedrich-Alfred-Straße los. 400 Meter bis zur Rückseite der Gegentribüne. 100 Meter traben bis zum Seehaus, wieder zurück und weiter das ganze. Mensch, schon zwei geschafft, nur noch zehn. Kosta und Thomas laufen vorweg, ansonsten habe ich nur noch einen Laufbegleiter. Zwei weitere Intervalle, Mensch, sind die Trabpausen kurz. Sind wahrscheinlich auch keine 100 Meter. Egal. Wieder zurück. Ich muss als schneller Beschleuniger aufpassen, mich nicht an Kosta und Thomas zu hängen, denn die sind auf der Distanz einfach schneller. Ich will mich ja nicht kaputttrainieren, sondern Form aufbauen. Jetzt schon 4 Intervalle geschafft, das heißt ein Drittel. Aber auch: Noch zwei Drittel! Wieder weiter, wieder zurück. Halbzeit! Mann, bin ich schon platt. Und der Zeitpunkt, wo es unangenehm wird, ist jetzt schon an der "Halbzeit-Schranke". Danach ist es noch ein riesiges Stück, egal in welche Richtung. Wieder geht es los, jetzt aber Schleifer-Sven neben uns. Er lobt sieh gut aus, schön Hacken hoch bis zum Po, gerade bleiben! Flacher Fußaufsatz....diese Hinweise sind immer wertvoll, aber in dem Moment wünscht Du ihn zum Teufel oder sonst wo hin. Er treibt mich auf 87 Sekunden für die 400, 4-5 Sekunden schneller als die anderen Intervalle. Dafür fühle ich mich auch halbtot im Ziel. Und es sind noch fünf! Jetzt erst mal eine Runde wieder fangen.. Des Schleifers Aufforderung "Und die anderen jetzt genauso schnell" ignoriere ich Weichei dann mal geflissentlich. Muss er ja sagen. Aber langsamer als zuvor will ich jetzt ach nicht werden, da hab ich Ehrgeiz. Nr. 8 wird geplant langsamer, bei Intervall 9 nähere ich mich wieder den Werten vor der begleiteten Tour. Ich merke aber auch, dass ich meinen jungen Begleiter immer am Ende "versägen" kann, das macht mir Mut. Nur doof, dass jetzt das Beißen schon nach 100 Metern anfängt und dann 300 Meter dauert.  Nur noch zwei und ich bin alle, aber die schaffe ich jetzt. Ncht eine Sekunde denke ich ans aufgeben. Nochmal 93 und 90 Sekunden, dann ist es geschafft. Lange war ich nicht mehr so froh, dass die Einheit vorbei war. Aber egal, das beste Gefühl hast Du immer, wenn Du ein solches Training hinter Dich gebracht hast. Später, nach dem Posting der Laufdaten auf Facebook, kommentierte jemand dies mit "400 m-Intervalle sind vorsätzliche Körperverletzung". Nun ja, dem könnte man sich währenddessen anschließen.
Freitag nahm ich mir dann mal wieder frei, ich war sozusagen so frei. Denn der Plan sagte ja 40 Minuten Regenerativ. Aber am Sonntag hat Lauffreund Marco nach langer Zeit mal wieder einen Haldenlauf organisiert, diesmal im Duisburger Süden zur Landmarke "Tiger & Turtle". Wir wollen mit Marco und Kim dahin mit dem Auto fahren, dann den Lauf absolvieren und zurück laufen, das wären dann wieder 26 km. Zwar langsam, aber immerhin. Also frei.



Samstag stehen 130 Min GAT 1 auf dem Plan. Ich habe mich mit Kosta verabredet, weil der auch auf dem Standpunkt steht, dass nicht jeder lange Lauf mit 20 bis 30 Sekunden über Renntempo, sondern eher deutlich langsamer gelaufen werden sollte. Gemeinsam wollen wir uns bremsen und dann 4-5 Kilometer Endbeschleunigung einpflegen. Kosta wohnt Luftlinie gar nicht so weit weg, aber es fließt halt der Rhein dazwischen. Und das andere Ufer ist somit quasi "Ausland". Aber es gibt ja in Orsoy die Fähre, wir wohnen beide nicht allzu weit davon weg und haben uns für da verabredet. Ich lief dahin, schon wieder zu schnell. Leider war Kosta noch nicht auf der ankommenden Fähre. Verpasst. Also hieß es, auf dem Zubringerweg ein wenig hin und her zu laufen. So hatte ich dann zu Beginn unseres Laufes gleich mal 5 Kilometer auf der Uhr. Wir laufen zunächst die historischen Wälle Orsoys entland, bei mir zu Hause vorbei in die Vierbaumer Heide. Ein Schwarm Graugänse oder ähnliches Flugzeugs überflog und, plötzlich traf mich schmerzhaft ein Stein im Brustbereich. Es war leider kein Stein, sonder das Produkt des Verdauungsprozesses eines dieser Flugobjekte, die sich frech in Massen auf dem schlammigen Acker neben uns niederließen. Der Vogelkot hatte bis auf die Hose heruntergespritzt und war einfach nur ekelig.
Mit Gras notdürftig gesäubert (kein Tempo dabei, was soll man alles mitschleppen?), die Hände in einer Pfütze gewaschen, ging es weiter richtung Rheinberg. Auch dort entlang des Kattewalls zum Pulverturm, historisch dem armen Kosta von mir genau erklärt. Er ist ja "fremd" hier.Entlang der Fossa Eugenia dann in das weite Rheinvorland Orsoy-Land. Nun folgte die fast 10 Kilometer lange eintönige Strecke über den Deichverteidigungsweg.Der ist immer ein gutes "Kopftraining". Ich hatte mich bewusst für diese Runde entschieden, denn da geht es fast nur über freies Feld und am Rhein entlang. Sehr windanfällige, aber halt relativ sicher vor herabfallenden Ästen. Zunächst kommt der Wind von schräg hinten, es läuft sich fast von alleine. Dann die 90 Grad Rechtskurve, schlagartig ändern sich die Bedingungen. Und hier beginnt die Beschleunigungsstrecke. Ich habe schon einen Halbmarathon unter zwei Stunden hinter mir, und los geht es. Sofort drücken die Böen gegen meinen beschissenen Brustkorb. "Vergiss die Pace" sage ich zu Kosta, wir laufen nach Gefühl. Gesagt, getan. Aber die restlichen gut 4,5 Kilometer bis zum Orsoyer Rheinhafen ziehen sich im Gegenwind. Wir kämpfen, unsere guten und interessanten Gespräche sind verstummt. 4:51, 4:45, 4:31, 4:26 lautet unsere Pace. Und die läuft bei mir ganz gut vom Fuß. Das macht Mut.
Aber eins weiß ich: Diesen Wind könnte ich in Wien nicht verarbeiten! Am Ende lasse ich mich von Claudia an der Fähre abholen. Die Zeit habe ich eh um 20 Minuten überschritten und die 30o Kilometer will ich jetzt nicht mehr voll machen. Denn morgen ist ja auch noch ein Tag! Danke jedenfalls an Kosta für die sinnvolle und nette Begleitung, gerne wieder. Dann aber ohne diesen Wind. Und ohne die Verdauungsprodukte im Grunde unerkannter Flugobjekte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen