Samstag, 31. Januar 2015

Vor den Start........und im Ziel der Winterlaufserie....auf der "Road to Vienna"

Die Woche war ja von extremer Schonung in meinem Trainingsplan gezeichnet. Nur zwei Laufeinheiten, die eine 60-minütige regenerative (ja, ja, ich weiß.....5er Pace) hatte ich gestrichen und am Dienstag durch 45 Minuten "laufen mit Fußballern" ersetzt. Ich scheuchte sie auf die Halde, wo es es dann 3 x 3 x 100 Meter bergan im Sprint unter den 35 Lampen der roten Hangbeleuchtung des Kunstwerkes von Otto Piene. Die 9 x 100 m gingen bei mir im Gegensatz zu den meisten Fußballern ganz gut, nach anfänglich großer Klappe war bei den meisten spätestens in der dritten Serie der Spaß vorbei. Im Stabi-Training danach ließ der Schleifer-Sven es ruhig angehen, alles bereits im Zeichen der Wettkampf-Vorbereitung. Für viele ist die Winterlaufserie und eine Bestzeit dort wichtig. Für mich ist sie das nicht, sie ist ein (überflüssiger?) Baustein auf der "Road to Vienna".

Zwei Mal tausend im 10er Renntempo stand wie immer vor Wettkämpfen am Donnerstag in der Ausdauerschule auf dem Programm. Nachdem Schleifer-Sven zunächst alle Lebensmitteltechnischen Experimente für die nächsten 48 Stunden verboten hatte, bei erwarteten 3 Grad eine kurze Hose und T-Shirt als Laufbekleidung für den Samstag angeordnet und betont hatte, die 1000 Meter jetzt nicht so schnell wie möglich sondern im wirklichen Marathon-Renntempo zu laufen, ging es los. Der erste 1000er ging dann, gefühlt schwerfällig, mit einer 4:00 Pace deutlich zu schnell vorbei. Der zweite in einer 3:56er Pace mal richtig in die Hose. So etwas am Samstag, und ich könnte einpacken. Da zählt auch nicht als Ausrede, dass andere schneller waren und "gezogen haben". Du musst Dich konzentrieren, zu Beginn zu überpacen ist für mich einer der schlimmsten Fehler, die ein Läufer machen kann!

Man baut ja in so einer Woche ein richtig schlechtes Gewissen auf. Wenige Trainingskilometer, dazu bei uns noch am Montag ein opulentes Kaffee trinken und Kuchen essen bei Freunden, am Mittwoch eine Kundeneinladung zu opulentem Abendessen und am Freitag einen Besuch beim Italiener zur Feier der Bestandenen Ausbildungsprüfungen meiner "Großen" und ihres Freundes. Aber Erholung soll ja die wichtigste Trainingseinheit sein und ich hatte ja in der Vorwoche viel gemacht.

Dann kam der Samstag.....

Ich schlief schon nicht all zu gut. Wenigstens das Wetter machte keine Probleme, ich spürte aber gleich die ansteigende Nervosität. Wozu? Die Serie ist durch den Venloop eh hinüber, ich arbeite en einer Marathon-Pace, die deutlich langsamer ist und Zehner finde ich grundsätzlich Sch**** . Warum? Nun, irgendwo zwischen 4:20 und 4:10 kommt der Punkt, wo meine Pace schnell an die sogenannte Ko**grenze stößt. Das hat sich in den letzten zwei Jahren auch nicht mehr groß verändert. Wenn ich jetzt einen 5000er laufe, komme ich bei einer Pace knapp über 4 so bei Kilometer 3 dahin, aber dann ist es nicht mehr weit. Beim Zehner komme ich auch bei Kilometer 3-5 dahin, aber dann ist es noch verdammt weit. So einfach ist das.
Dann hatte mir der Schleifer-Sven schon bei der Spiroergometrie aufgrund planmäßiger Defizite im Spitzentempo schon eine Zeit um die 42 Minuten prophezeit.

Laufen ist ja bekanntlich zu 80 Prozent Kopfsache. Und da der Rest mental ist, kann mit solchen Informationen und mit dieser Einstellung wohl nichts gescheites herauskommen.

Ich hatte mir eine Pace von 4:09 vorgenommen. Das wäre eine 41:30 am Ende und damit eine um 2 Sekunden verbesserte PB. Ich wäre auch mit zehn Sekunden mehr einverstanden gewesen, mir geht es heute um einen vernünftigen Lauf. Bereits nach dem Aufwachen im dunklen Schlafzimmer sagte ich zu meiner Claudia, dass man sich beim 10er und 5er schnell im ersten Kilometer verzockt und zu schnell läuft und das dann nicht mehr reparieren kann, die "Keule" kommt dann irgendwo unausweichlich. Beim Marathon hast Du mehr Zeit, Fehler der ersten Kilometer zu korrigieren.


Mit diesem Vorsatz fuhren wir rechtzeitig zum Leichtathletikstadion. Startnummern abgeholt, gefühlt 1000 Bekannte getroffen, die Kollegen der Ausdauerschule und der BSG mit auf die 5er-Strecke der kleinen Serie geschickt. Das dämpfte die nervosität. Aber es ging schon richtig los, mein Handy hatte ich nämlich vergessen und musste mich daher auf meine Kamera-Brille verlassen. Egal, Murphy's Law.
Beim Aufruf zum Warmlaufen verpasste ich Schleider-Svens Gruppe "unter 42 Minuten" und lief mich mit Niels Gruppe "42-45  Minuten" ein. Das nächste Omen. Ich dachte mir, so einen Unterschied kann das im Warmlaufe nicht machen und nahm es locker. Danach konnte ich meine Handschuhe nicht finden, fand sie dann doch und war "in letzter Minute" am Start. Noch nicht einmal für ein Küßchen für meine Claudia hatte es gereicht, auch wenn die nur eine Freundin auf neue Bestzeit unter 55 Minuten ziehen wollte.
Dann standen wir im Starterfeld. Ich bemerkte, dass ich vielleicht vorher noch besser zur Toilette gegangen wäre, aber das konnte ich eine Minute vor dem Start jetzt auch nicht mehr ändern. Gemeinsam mit Werner und Michael ging es auf die Piste, aber die verlor ich sofort aus den Augenwinkeln. Ich bremste mich, dennoch erschien mir das Tempo hoch. Bei Kilometer eins, der überraschend in Gestalt eines Querstriches auf der Straße erschien, zeite meine Uhr eine Zeit von erst 4 Minuten an. Viel zu schnell, erschrak ich. Der leichte Anstieg zur Masurenallee half mir beim Bremsen. 4:07 den nächsten Kilometer.Werde langsamer! Mach jetzt mal einen Kilometer in 4:15, dann stimmt die Zeit wieder. Aber Thomas hörte nicht auf sich. Noch zwei Kilometer in 4:07, dann waren schon vier geschafft. Noch sechs! Ich werde jetzt endlich langsamer, als der Wald in Sicht kommt. Das ist eine etwa ein Kilometer lange Wendeschleife durch den Wald an der Sechs-Seen-Platte, ehe es im Gegenverkehr zurück und an die Regattabahn geht. Da werde ich langsamer werden! Ich wäre dann 15 Sekunden vor der Zeit, das heißt die letzten 5 Kilometer würde eine 4:15er Pace reichen! Kurz vor dem Wald piepst mein GARMIN. 4:15! Ich hatte doch gar nicht gebremst, dennoch 8 Sekunden langsamer. Panik steigt in mir hoch, ich beginne, mich verrückt zu machen. Jetzt bin ich auf dem Waldweg. Und im Wald, da sind bekanntlich die Räuber. Die klauen die Pace, wie Markus "Die Lok" früher immer so treffend formuliert hatte. Ich schleppte mich vorwärts. Diese Mischung aus lange erwartetem Einbruch, das Wissen, zu Beginn klar überpaced zu haben  und der Wald waren zu viel. Denk an Wien, da musst Du auch ziehen, wenn es nicht läuft! Ja, aber da habe ich ein Ziel, mit dem ich mich hundertprozentig identifiziere. Das kann eine Zeit über 10 Kilometer niemals für mich werden. Jetzt hätte ich etwas auf den Ohren gebraucht. Irgendetwas motivierendes. Aber das war ja in diesem Jahr vom Veranstalter deutlich untersagt worden. Stattdessen höre ich von hinten eine Frauenstimme. "Wien ruft" schallt es zwei Mal in meinen Ohren. Oder klingt da ein imaginäres Echo? Im selben Moment zieht sie an mir vorbei. Anke. Jene Anke, der zu folgen ich bei Kilometer 39 in Düsseldorf 2013 nicht mehr in der Lage (http://www.laufen-in-dortmund.de/stories/2013/ddorf_tk.htm)Und ich bin es jetzt wieder nicht! Ich bin durch! Das gibt meinem ohnehin heute geringen Willen den Rest. Der Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich nun schon Rückstand auf meine Zielpace aufgebaut habe." Pieeep!" Kilometer 6, der nächste Nackenschlag. 4:24! Geht gar nicht mehr. Ich bin zwar aus dem Wald, spiele aber nun ernsthaft mit dem Gedanken, wieder meiner vollen Blase nach zu geben und mich einfach ans Gebüsch zu stellen. Die Zeit ist jetzt sowieso dahin. Die Pace war zu beginn jenen kleinen Tacken zu hoch, den ich nun nicht mehr verarbeiten kann. Anke ist schon fast außer Sicht. Ich beschließe, nicht mehr auf die Uhr zu sehen, sondern nach Gefühl weiter zu laufen. So schlimm wird es nicht werden und es sind fast 7 Kilometer geschafft. Trainer Roman kommt an meine Seite und will ich ziehen, aber ich habe keine Lust mehr. "Ich bin durch, lass mich bitte" schicke ich ihn fort. Das hätte ich bei einem Marathon niemals getan. "Laufe ruhig weiter, es sind nur noch drei Kilometer" sagt er. "Werner und Michael kommen auch nicht weg".

Das verstehe ich jetzt nicht, aber egal. Als gerade der Gegenverkehr kam, hörte ich viele Stimmen aus dem hinteren Feld, die mich anfeuerten. Das gibt wieder ein wenig Motivation. Zumindest das Kämpferimage will gewahrt bleiben. Und es wird besser. 4:18 und 4:16 auf den nächsten beiden Kilometern, trotz schwerer Beine und schwerer Gedanken. Das geht doch langsam wieder. Ich bin auf dem Kameraweg der Regattabahn, glatter Aspalt und fast ideale Wetterverhälnisse heute und ich verpatze hier den Lauf! Jetzt kommt die Brücke über den Parallelkanal, dann ein kurzes Waldstück und die "Spielplatzsenke", danach ist es nur noch ein Kilometer. Die engen Kurven und der Anstieg zur Brücke bremsen mich leider wieder auf 4:20 herunter. Das war es dann. Mit dem Willen, den letzten Kilometer noch einmal alles zu geben, sehe ich Marcus mit Handy im Anschlag am Ende der Spielplatzsenke.
"Lächeln". Ich kann es sogar und muss an Michel Ufers Smilies an den Bäumen beim Traildorado denken. Die anzulächeln hat damals immer geholfen. Marcus anzulächeln scheint auch zu helfen. Ich bin auf der Friedrich-Alfred-Straße an der Sportschule Wedau, es geht wieder. Ich überhole wieder. Rechts ab, ich ziehe nochmal an, so schwer es auch fällt. Dann bin ich auf der Tartanbahn. Wieder Tempoerhöhung bis zum Vollsprint in der Kurve, einige Läufer werden noch überholt und endlich bin ich im Ziel. Ich sinke zu Boden und sehe auf meine Uhr. 42:13. Ich bin angefressen. Irgendwie im Stillen hatte ich noch auf eine hohe 41 gehofft. der Kampf am Ende kam zu spät und ist zu Recht nicht mehr belohnt worden. Aber ich habe hier auf den letzten 1000 alles gegeben, mehr war nicht mehr drin. Zu schwach waren die Kilometer 6 und 9. Werner und Michael haben die hohe 41 nich geschafft und sind im Ziel. Auch das enttäuscht mich. Nicht, dass die schneller waren als ich, aber, dass ich nicht gemerkt hab, wie sie an mir vorbei sind. Die hätten mir Kraft gegeben, mich an sie dran zu hängen. Da war ich wohl schon zu sehr im Tunnelblick verhaftet. Jetzt wird mir auch erst klar, was Roman mit "Werner und Micha kommen auch nicht weg" gemeint hat. Die waren schon vor mir! Ich brauche erst mal Ruhe und muss verarbeiten, also hole ich mir trockene Sachen und meine Kamerabrille.
Claudia wird bald mit Kim eintreffen, ich möchte noch ein paar Bilder machen.
Was habe ich falsch gemacht? Nun ja, mit einer negativen Einstellung in den Lauf zu gehen war der erste Fehler. Der zweite war die 4er Pace auf dem ersten Kilometer, der dritte dann der, nicht den zweiten Kilometer auf 4:18 herunterzuführen und ab Kilometer drei "erholt" die Plan-Pace von 4:09 wieder aufzunehmen. Das Schlimmste waren aber meine negativen Gedanken, vor allem, als Anke wieder vorbei ging. Sie hat eine tolle 41:37 geschafft.......wieder mal das, was ich eigentlich hatte laufen wollen.
Was stimmt positiv? Ich habe weitergekämpft, ich habe einen guten letzten Kilometer hingelegt und - nach allen Fehlern damit dennoch alles gegeben. Also war es in Ordnung. Und der Zehner sollte ja sowieso nicht so wichtig sein.
Claudia und Kim kommen mit einigen anderen Lauffreunden ins Ziel. Kim sieht recht frtig aus, hat es mit 55:05 nicht ganz unter 55 geschafft, Ihre Bestzeit aber deutlich unterboten. Claudia hat also einen guten Job gemacht.
Foto Wolfgang Steeg - www.catfun.de
Ich habe mich auch wieder beruhigt. 4:12 ist jetzt nicht so ein schlechter Schitt, der Zehner liegt hinter mir und Trainer Roman hatte gesagt, dass ich in den letzten Wochen ja auch viele längere Strecken in relativ hohem Tempo absolviert und auch nicht auf 10 km hin trainiert hätte. Aus dem vollen Training heraus ist das gar nicht so schlecht, wenn man den Abstand zur Bestzeit berechnet.
Sehe ich es also als gelungenes Tempotraining......und Anke hat für Wie hoffentlich nicht gemeldet!



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