Montag, 25. Mai 2015

Aushilfs-BuZ Beim Vivawest

Nach dem sehr schönen Sparkassen Marathon Westmünsterland in Coesfeld ( http://www.laufen-in-dortmund.de/stories/2015/coesfeld.htm ) war dann in der kurzen Arbeitswoche bis zum Feiertag wieder faulenzen....ähm Regeneration angesagt. Dienstags beim Bunert-Training stand der "Läufer-Biathlon" auf dem Programm. 6 Runden an der 6-Seen-Platte von je rund 800 Metern, dazwischen 5 Maoam-Bonbons in Schuhkartons  und je Fehlwurf eine 50-Meter-Strafrunde zusätzlich, so lautet die duchaus spaßvolle Aufgabe. Ich beließ es beim Marathon-Renntempo vom Samstag und trabte das Ganze relativ locker ab, was natürlich bedeutete, dass ein "Wettkampfspaß" nicht so recht aufkommen wollte. Dafür dann die Information von Trainerin Sabine an Claudia, dass Sie ihren Job als BuZ beim Vivawest-Halbmarathon am Sonntag für die 2 h- Ballons haben könne. Claudia nahm natürlich gerne an und wie es der Teufel wollte bot mir Martin seinen Startplatz an, den er bei Marc Böhmes Weihnachtsverlosung gewonnen hatte. Also konnte ich auch gratis dabei sein und beschloss, die 2h-BuZler dann zu unterstützen, denn es würde sicherlich bei dieser beliebten "Schwellenzeit"eine große Truppe werden.
Somit war das Sonntag dann auch mal gerettet, die HM-Strecke des Vivawest waren wir in diesem Zusammenhang noch nicht gelaufen und der Nordsternpark sowie der Zollverein locken mit schönen Erinnerungen an vergangene Laufveranstaltungen.
Blieb der Vatertag, an dem ich mit Claudia die "Rheinbrückenrunde" lief. Bei schöner Sonne und kühlem Wind über die A42-Brücke, danach den Rheindamm entlang Richtung Ruhrort. Mit einem Blick auf die orange Bramme zur Linken und grausigem Gesang von einer Party auf der Mühlenweide zur Rechten (war das Vatertags-Karaoke oder meinte der das ernst?) wurde der Rhein das zweite Mal gequert. Claudia bekam Durst, blöderweise hatten wir für eine zweistündige Tour nichts zu trinken mitgenommen. Geld hatten wir auch nicht - wann kommen endlich die Zahlungssysteme per Hand flächendeckend zum Einsatz? Na ja, dann eben "trocken" weiter am schöneren linken Rheinufer zurück bis nach Baerl und durch den Wald zurück. Am Lohheider See, knapp einen Kilometer vor dem Ende, bekam Claudia einen Krampf in der Rückenmuskulatur und wir brachen ab. Den letzten Kilometer gingen wir dann nach Hause, etwas über zwanzig Kikometer waren ja gelaufen. Das war dann wohl mal wider das klassische Versorgungsproblem. Waren wir ja selbst schuld.
Samstag hatte ich mir mit unseren Freunden Marco und Kim eine RTF-Tour vorgenommen. Alternativtraining stand also auf dem Plan. Schwelm war vielleicht nicht die richtige Wahl, denn 1000 Höhenmeter bin ich erstens nicht gewohnt und bringen mir zweitens auch gar nix für die eine Triathlon-Kurzdistanz, die ich Anfang Juni in Gladbeck vorhabe. Zumal ich beim bergabfahren ein eher vorsichtiger Typ bin, denn wenn ich die Straße nicht einsehen kann, schneide ich keine Kurven mit Tempo 50. Ob die anderen alle lebensmüde sind? Die Landschaft rund um die Bevertalsperre war jedenfalls ein Traum, aber gelaufen wäre die Strecke schöner gewesen.
Am Sonntag dann der Vivawest-Halbmarathon. 2013 waren Claudia und ich den schon einmal in 4 Stunden als Training für Biel komplett gelaufen. Wir hatten abgesprochen, dass Claudia mit Ihrer BuZ-Kollegin, die wir vorher noch nicht kannten, vorne exakt die Pace laufen sollte und ich so ab Kilometer 13/14 mich etwwas nach hinten fallen lasse und aufpasse, dass keine Lücken entstehen und möglichst viele bei unserer Gruppe bleiben können.
Am Start bereits das erste Problem, denn man hatte alle Nachmelder in den letzten Startblock eingereiht, unabhängig von ihrem potenziellen Tempo. Ich hatte also Mühe, den Ordner zu überzeugen, mich gemeinsam mit meiner Frau in den Block zu lassen. So dauerte es auch so 3-4 Kilometer, ehe sich eine Traube hinter dem Ballon gebildet hatte, die erkennbar aus Läuferinnen und Läufern bestand, die zwei Stunden laufen wollten. Die Stimmung hier im Grenzbereich GE/E war überschaubar, man hatte es kaum geschafft, die Anwohner in nennenswerter Zahl in dieser frühen Morgenstunde vor die Türe zu bekommen. Ein Frühstückstisch vor dem Haus, das war es. Schade. Da hatte Coesfeld das doch ganz anders hinbekommen.
Die Zechhe und Kokerei Zollverein hat ja immer etwas besonderes, die Sonne schien und die Industriekulisse zeigte sich von der besten Seite. Frank war zu uns aufgelaufen, wir kennen uns von Facebook und er hatte beschlossen, bei unserer Gruppe zu bleiben. Mit netten Gesprächen und einigen Scherzen vergingen die Kilometer, hinterm Zollverein ging es auf der alten Erzbahntrasse Richtung Gelsenkirchen. Latent bergauf. Und hier fingen die ersten an zu kämpfen. Unsere Pace stimmte relativ genau, darin war sowohl eine GPS-Ungenauigkeit als auch ein Puffer von 25 Sekunden eingebaut. Das ist auf dieser welligen Strecke nicht ganz einfach einzuhalten.
Johanna und Jana mühten sich ebenfalls, dran zu bleiben, ber es fiel ihnen erkennbar nicht mehr leicht. Ich ging immer wieder ans Ende der Gruppe und mühte mich, die nun deutlich entstehenden Lücken "zuzulaufen". Die Trasse ist schön zu laufen auf glattem Asphalt, aber leider völlig Zuschauerfrei und - wie gesagt - immer in leichtem Anstieg. Ich war ja nicht als BuZ zu erkennen, so hörte ich mir oft an, ob ich nicht gefordert sei, weil ich hier so Scherze machte und das wenige Publikum versuchte anzustacheln. Dann war die Trasse geschafft, ich versuchte, die Gruppe mit der Aussicht auf die gute Stimmung im Nordsternpark aufzuheitern. Leider wusste ich auch, dass es nach einem kurzen Stück gleich wieder einsam werden würde und zunächst einen schönen Anstieg zum Park hinauf gehen würde. Jetzt war es schon ein Einsammeln einzelner Läufer. Zwei Frauen von Adler Langlauf Bottrop mühten sich über die Strecke, zumindest die eine. Ich bemühte mich, die beiden zu motivieren. "Noch 4 Kilometer, kommt!""Wir sind gut in der Zeit". Ich leib an den Kilometerschildern stehen und sagte den vorbeilaufenden, wieviel sie vor der Plan-Durchlaufzeit wären. Ich kann das natürlich immer nur für die sagen, die auch nahe bei uns gestartet waren, aber wer hinter uns losgelaufen wwar, hatte eh noch mehr Puffer. Die anderen kannst Du als BuZ nicht steuern. "Noch drei Kilometer, Tempo halten jetzt!", "Nicht langsamer werden, Ihr ärgert Euch eine ganze Woche dafür, dass es jetzt eine kurze Zeit nicht viel besser geht! Das ist ein Sch***-Deal!" Das schien zu überzeugen. Man muss hier aufpassen, wen man noch antreibt, denn wer wirklich am Ende ist, der schaffte es keine 2 oder drei Kilometer mehr. Hier in GE-Heßler warauch nichts los auf der Straße. Ruhr-Marathon hin oder her, wer es nicht ansatzweise bei der dritten Veranstaltung schafft, die Anwohner ein wenig zu mobilisieren, der hat eigentlich keinen Marathon verdient. Man sollte über eine andere Strecke nachdenken.
Ich motivierte einen einsamen Moderator unter einem einsamen Runnerspoint-Pavillion, unsere kleine "Restantentruppe" ein wenig zu motivieren. Claudia und ihre Kollegin waren so 200 Meter vor uns, ab noch in Sichtweite. Und wir waren noch knapp in der Zeit.
Jetzt wurde ich langsam härter in meinen Ansprachen. Die Läufer hier hatten alle keinen Kopf mehr für schöne Zieleinlaufvisionen. "Los, langsamer ist genauso Sch****, dauert nur länger" ranzte ich Kandidaten an. "Wenn ich das schaffe, darf ich Dich mal drücken, ja?" fragte eine Läuferin, die ich sichtlich abmühte. Ich bot allen an, am letzte V-Punkt Getränke zu bringen und rängte gleichzeitig zur Eile. Dann bogen wir das vorletzte Mal ab. Nur noch gut ein Kilometer. Es würde eng. Ich ließ mich immer wieder fallen, es ging hier noch um 4 oder 5 Leute. Wen man hier verloren hat, der schafft es nicht mehr in unserer Nettozeit. Links standen Leute am Straßenrand, ein Läufer lag dort. Ein anderer kümmerte sich um ihn, zwei weitere standen dabei. Das sah recht professionell aus. Die Läuferin bei mir zögerte und sah nach links. "Weiter, weiter. Der Mann ist versorgt, ihr könnt hier nichts tun!" sagte ich während gerade die Polizei dazu kam. In wenigen Minuten würde die Ambulanz da sein. Eine Menschentraube würde keinem helfen, so hart sich das hier mit Sicherheit anhörte."Los, los,los, es wird eng"Jetzt schrie ich die nachkommenden schon an. Eine letzte Unterführung mit Anstieg, dann endlich links um die Kurve. Noch 45 Sekunden! Wie weit war es genau hinter der Kurve? Ich wusste es nicht. Also trieb ich die beiden Läuferinnen neben mir an. Es war nicht weit. gut 200 Meter. Dann war es geschafft. 1:59:47 h zeigte meine Uhr.
Fast eine Punktlandung und für die mit mir hereinkommenden hieß das, die zwei Stunden waren geschafft.

Die Gruppe zerstreute sich schnell an die gut bestückten Verpflegungsstände. Einige bedankten sich noch bei mir. Es ist ein schönes Gefühl, anderen geholfen zu haben, Ihre Ziele zu erreichen. Auch Johanne und Jan hatten es geschafft.  Wir treffen traditionell viele Bekannte im Ziel und machten uns dann in dem guten Gefühl nach Hause, unseren Job ordentlich erledigt zu haben.

Dann schrieb Frank. Der Läufer, den wir gesehen hatten, war tot!

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