Montag, 2. Mai 2016

Riesenbecker Sixdays Part II - Gedanken zum Mettinger Montag

Das Glück kann ein ein Arschloch sein. Vor zwei Jahren, bei ebenfalls herrlichem Wetter, hatten wir die Riesenbecker Sixdays -Etappe 3 noch genossen, ich hatte mich damit abgefunden, dass es nicht so laufen konnte wie 2012 und mich mit den Resultaten angefreundet. Da kam die Nachricht vom Tode einer Läuferin, vom Tode von Karine. ( http://laufen-in-dortmund.blogspot.de/2014/05/riesenbecker-sixdays-etappe-der.html ) Und dazu kam der Regen. Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet, es Regnete vor dem Start dieser anderen Etappe in Mettingen 2014. Niemals werde ich die Minuten vergessen, in denen wir vor der Kirche in Mettingen am Dienstag standen und in denen Zeiten und Strecke so unwichtig waren, wie nur irgendetwas. Dazu gibt es das eine Foto, auf dem meine Claudia mit ihrem unnachahmlichen Lächeln am Bahnübergang das ganze Glück diese Sports zu genießen schien, dahinter Karine läuft, die bereits wenige Zeit später nicht mehr unter uns weilen sollte. Ich verzichte bewusst darauf, diese Foto hier zu veröffentlichen.
Daran muss ich auch denken als wir mit Marco und Kim in Mettingen - wieder bei herrlichem Wetter - auf dem Kirchplatz, wo gerade das Ziel aufgebaut wurde, eintreffen. In diesem Moment leben wir das Glück der absolvierten Kilometer, freuen uns auf den Lauf. Und morgen kann die Welt eine andere sein. Für Dich, für mich, für jeden von uns.
Der Lauf am gestrigen Tage berauschte mich einfach. Endlich war es mit 18 Grad für die Jahreszeit angemessen warm. Die Abendsonne malt die Fassaden der alten Gebäude in Tecklenburg besonders leuchtend, sie bietet uns beim Weg hinab nach Ledde durch den Forst ein magisches Licht, wenn ihre sichtbaren Lichtstrahlen schräg zwischen den Bäumen auf den Boden ein Muster aus Licht und Schatten projizieren.
Auch lässt sie die Rapsfelder, zwischen denen wir wieder Höhe gewinnen, intensiv duften und leuchten. Genau so muss es vor zwei Jahren gewesen sein.
Als wir im Wald an jener Stelle vorbeikommen, an der Karine Ihre Rennen beenden musste, halte ich kurz inne und bleibe stehen. Kurze Gedanken an die Flüchtigkeit des Glückes, aber auch das intensive Erleben dieses Ortes, an dem so viele ahnungslos vorüber laufen. Vor uns läuft ein Läufer der Gallopins de Guyenne. Er läuft weiter und wird wissen, warum. Mir kommt das Zitat von Herrmann Hesse in den Kopf, welches vor zwei Jahren auf der Homepage der Sixdays zur Unterlegung der Worte, die zur Fortsetzung der Veranstaltung aufriefen, Verwendung fand:

"Jeder Mensch aber ist nicht nur er selber, er ist auch der einmalige, ganz besondere, in jedem Fall wichtige und merkwürdige Punkt, wo die Erscheinungen der Welt sich kreuzen, nur einmal so und nie wieder. Darum ist jedes Menschen Geschichte wichtig, ewig, göttlich, darum ist jeder Mensch solange er irgend lebt und den Willen der Natur erfüllt, wunderbar und jeder Aufmerksamkeit würdig."

Dann bin ich auch mental wieder im Rennen. Denn das Rennen, das Leben ging weiter seit 2014. Und das ist gut so. Auch wenn es manchmal scheint, als seinen wir der Nabel dieser Welt - wirklich eine andere würde sie ohne uns nicht sein.
Jeder von uns ist unendlich wichtig, hat unendlich wichtige Dinge zu tun und zu berichten. Aber die Sonne scheint genauso auf diese Welt wie vor zwei Jahren, die Läuferschlange
bewegt sich genau so durch die hügelige Landschaft. Nichts scheint sich verändert zu haben. Und was haben wir alles in den letzten zwei Jahren getan? Was haben wir erlebt, gesehen, gefühlt?
Und so ist es gut.
Der Mettinger Montag empfängt uns mit aller Euphorie, als wir am Autohaus die Holtkamp-Siedlung nach der letzten Steigung verlassen. Wir laufen berauscht, wir werden schneller, wir lassen andere Läufer hinter uns. Nicht wegen irgendwelcher Ergebnislisten, sondern weil uns im Moment danach ist. Wir können beide schneller laufen, als wir es hier tun und ich hoffe immer, dass die anderen es nicht als Beleidigung empfinden, wenn sie ihre Höchstleistung in dem Moment vollbrigen, in dem ich sie zum dritten Male scheinbar leicht und locker überhole. Marco wird immer schneller. Ich horche intensiv in meinen angeschlagenen Oberschenkel hinein, aber da scheint alles in Ordnung. Wir fliegen scheinbar an den Läufern vor uns vorbei, erreichen Mettingen und hören den Lärm des Zielkorridors. "Glaubst Du nicht, dass 3:38er Pace etwas schnell ist?" rufe ich Marco zu. "Nö" ruft er beschleunigend zurück. Im Vollsprint geht es durch Zuschauer und Cheerleader ins Ziel. Das ist wieder der Laufwettkampf, das Rennen um Zeiten und Resultate. Das war der Moment, in dem Du meinst, dass alle Augen auf Dich gerichtet sind und das Glück kübelweise über Dir ausgeschüttet wird.

Es kann vergänglich sein - aber dieser Moment gehört Dir. Darum laufe ich. Und darum leben wir.
Solange wir dürfen.

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