Donnerstag, 26. Mai 2022

Riesenbecker Sixdays 5. Etappe - Von Dickenberg zum Aasee Ibbenbüren

 So, das hat der kleine Thomas jetzt von seinen Kultläufen. Knie ramponiert. Bereits am Dienstag tat sich das Knie das eine oder andere Mal schwer beim berganlaufen oder Treppensteige. Ich hatte die ganze Zeit meinen Rücken in der Beobachtung, das wollte sich mein Knie scheinbar nicht so bieten lassen. Es schrie förmlich nach Aufmerksamkeit. Bisher hatte ich eigentlich fast nei Knieprobleme, mal vom Innenbandanriß nach Salto beim Wandern vor zwei Jahren mal abgesehen. Aber da steckte ich so tief in einer Psycho-Krise, dass das Knie noch mein geringstes Problem darstellte. 

Ich zog also wieder die super gedämpften Schuhe an nach den härteren Trailschlappen vom Vortag und hoffte, dass es so arg nicht werden würde. Silke und Stephan wussten irgendwie auch nicht, wie sie die Etappe überleben würden. Wäre für mich ein Schlag, wenn ich aufhören müsste. Also Vernunft mal wieder abgeschaltet und ab zum Start. Schulhof in Dickenberg, nicht mehr ganz so stimmungsvoll wie am Vorabend, das mag aber auch an den fehlenden Dickenberg-Hooligans liegen. Die lauerten bestimmt an anderer Stelle, die Strecke hat ja die interessante Eigenschaft, nach etwa 9 Kilometern fast wieder am Start angekommen zu sein, wenn es an der Kirche die Treppe hinauf geht. Man merkt nun am Start, dass die Revolverblätter der IVZ mit Ihren provokanten Ergebnislisten vom Vortag bereits Erfolg haben. Immer mehr studieren die Ranglisten, sehen sich nach unliebsamer Konkurrenz in den AK-Wertungen um und sinnieren, wo ein geeigneter Streckenabschnitt sein könnte, entweder der Konkurrenz erbarmungslos den Rückenflock seines Laufshirts vorzuführen, vielleicht aber auch einen  Ausreißversuch an einer der nun zahlreichen kurzen, knackigen Anstiege wie einst Lance Armstrong am Tourmalet auf den Asphalt zu brennen, natürlich ohne die Epo-Infusion.

Dann geht es los, ich habe mich mit Claudia weiter vorne eingereiht, was sich bereits beim Anstieg aus der Streaßenunterführung als Fehler herausstellte. Mein Knie muckte bereits nach 500 Metern. Na gut, sind ja keine 22 mehr, etwas mehr als Halbmarathon. Bei dem Zielabstand kramt der Ultra bekanntlich bereits in seinem Laufrucksack nach dem Kamm, um die Frisur fürs Zielfoto zu richten. Claudia ist also erst mal weg, als es in den Wald und den Uffelner Berg hinab geht. An sich zum reinkommen besser als der Granatenanstieg gestern aus Mettingen, aber der trailige Grund beschert meinem rechten Knie leider ein paar weitere blöde Fehlstellungen, die sofort "Knie an Kleinhirn - ist der Typ bescheuer????" funken. Also Tempo raus, was den Vorteil hat, dass man ab sofort keinen Stress mehr mit irgendwelchen Positionskämpfchen hat, gehe eh alle vorbei. Nach zwei Kilometern erwähne ich, dass es "ab hier nur noch ein Marathon" sei. Die Läuferinnen um mich herum können über diesen Scherz leider nicht schmunzeln. Ist aber die Wahrheit. Und so'n Marathion geht ja eigentlich immer. Unten im Tale vor Püsselbüren ist meine Angetraute wieder unmittelbar vor mir, siehtr noch gut aus und als Ultra-Fee mit regelmßigem Intervalltraining in der Ausdauerschule hat sich noch genügend Tinte auf dem Füller. 


Eine Nachbarschaft preist Freibier für alle an. Das lässr sich Michael von der LG Ultralauf nicht zweimal sagen und ich halte auch an, um mit ihm anzustoßen. Zwar entsprechen die "50" Plastikbecher weder meiner AK noch den ökologischen Grundsätzen des Veranstalters, aber ich vertraue mal auf die fachgerechte Entsorgung durch den edlen Spender. Leider ist die Plörre ungekühlt. Sorry Leute, das geht gar nicht. Erst marktschreierisch Freibier versprechen und dann Plörre auszuschenken, die temperiert ist wie ein handwarmer Kräutereinlauf. Na ja, in Roth bei der Challenge hatte das Bier bei km 37 des Marathons in mir auch die Lebensgeister geweckt und meine Hüftschmerzen damals abgeschaltet. Vielleicht läuft es ja auch ins Knie runter. Tut es leider nicht. Irgendwo muss mein Beckenboden noch dicht sein, wenn es nur damals bis zur Hüfte kam. Egal, ist die Pace erst ruiniert, läuft sichs gänzlich ungeniert. Es geht schon wieder hoch, leider erst mal ein paar Treppen. Das mag mein Gelenk so gar nicht und verliere weiter an Boden. Die Blaue Wand vor der Kirche baut mich dann wieder auf, zumalm es ab doret erst einmal flach weitergeht und ich mal wieder laufen kann. Flach laufen geht nämlich noch. Der 5. Etappe fehlen so ein wenig die legendären Highlights wie z.B. "Die Wand" boder die "Adlersteige". Aber viele kurze, aber knackige Anstiege haben es durchaus in sich. Leider verursacht bergauf gehen nun auch Schmerzen, aber als ich sehe, dass schon über 12 km gelaufen sind, bin ich sicher, das noch irgendwie hin zu bekommen. Morgen ist erst mal egal. 

Auch hier ist an der Strecke wieder gut was los, Nachbarschaften und die Fanclubs der örtlichen Laufvereine machen immer wieder mal richtig Betrieb. Mit Vorliebe am Berg, da hat man länger was von seinen Lieben. Dafür sehen die Gesichter der Läufer und Läuferinnen aus wie das meines Groß0vatewrs 1947 nach zwei Jahren russischer Kriegsgefangenschaft. Alles Sadisten da am Streckenrand. Als ich das von mir gabe, bekomme ich ein "Wir wohnen halt hier" zurück. Was den Voyeurismus dieser Gartenstuhlsportler nicht besser macht. Tritzdem schön, dass sie da sind. An den Industrieruinen des Oynhausenschachtes und des stillgelegten Ibbenbürener Kohlekraftwerks vorbei geht es nun tendenziell bergab. Tendenziell, was ja immer so eine einschränkende Vokabel ist. Jetzt kommen schon bergab diejenigen an mir vorbei, die ich flachj noch wieder ablaufen konnte, denn ich muss mich echt zurückhalten. Morgen ist ja auch noch ein Tag und die Medaille samt Shirt muss ich einfach haben. Meine Psychiaterin hat mir vor einem Jahr geraten, ich solle mal etwas nicht zu Ende machen unbd schauen, wie ich mich dabei fühle. Hab ich bis heute nicht umgesetzt, vielleicht beim nächsten Trinkgelage mit Freunden, aber nicht beim Laufe. Ich renne doch hier nicht 5 Tage über die Berge, die ersten drei sogar noch in passablem Tempo, um mir hier am vorletzen Tag von einem orthopädischen Problem ne Runde Selbstmitleid verpassen zu lassen. Also weiter. Schjon bin ich am letzten Wasserstand, einem Strommast, der früher mal die Energie vom Kraftwerk zum Verbraucher leiten half. Jetzt leitet hier gar nix mehr. Demnächst halt nur noch Strom, wenn Sonne und Wind da sind. Jetzt ab in den Wald, zum dritten Mal verspricht mir jemand die letzte Steigung. Leider meldet sich  nun auch mein Verdauungstrakt auf unangenehme Weise. Ich erinnere mich an die Story unseres Trainers bei einem Rennen der Duisburger Winterlaufserie in strömendem Regen, der seinen im Ziel wartenden Laufkollegen warnte, ihn bloß nicht zu umarmen. Das an seinen Beinen sei kein Schlamm, auch wenn es die gleiche Farbe wäre. War zu Zeiten der Split-Shorts. Gab es auch vor Jahren hier bei den Sixdays in der Frauenspitze mal zu bewundern, jetz nicht die Split Shorts meine ich. Brauch ich jetzt nicht. Also ab in die nächste Bodenwelle, hocken ging mit Knie leider gar nicht. Weitere Details erspare ich dem Leser, denn danach ging es wie befreit weiter, weitere Plätze nach hinten durchgereicht versteht sich. Dan, nach einem sehr steilen Hohlweg bin ich endlich auf der Abwärtsstraße Richtung Aasee. Ich weiss, dass es sich hier noch ein wenig zieht, aber irgendwie komme ich nachdem die erste steilere Gefällstrecke mit dem nötigen Respekt und einigen stechenden Schmerzen überwunden ist, wieder suoper in Tritt. Konnte mich ja auch bisher ausruhen. Den einen oder anderen sammle ich noch ab, 5er Pace geht auch flach noch. Den letzte überhole ich im Zielkanal nicht mehr, jedem sein persönliches Zielfoto. Claudia steht schon da, gibt erst mal ein Küsschen. Erste Etappe in sechs Starts der Sixdays, wo sie vor mir im Ziel ist, auch wenn sie wohl Ihren Parforceritt von gestern gemerkt hat.



Kaum stehe ich, kann ich fast gar nicht mehr auftreten. Aber ich hab ja noch die Nacht, Stephans Kniebandage und Pferdesalbe. Rund um unsere Ferienwohnung hört es sich eh so an, als ob "Ritter der Kokosnuss" eine Nachverfilmung produzieren würden. 

Es ist ja auch irgendwie logisch. Ich hatte im Juli letzten Jahres massive Rückenprobleme, bin im August und September gar nicht gelaufen. Oktober und November dann wieder gleich voll in die Trails eingestiegen, einen flotten halben Baldeneysteig-Ultra gelaufen und dann im Dezember Oliver Witzkes unvergleichlichen Bergischen Wupperlauf mit 1000 Hm auf 42 km. Danach war ich dann ganz hinüber. Am 13.3. die ersten Schritte gelaufen. Dann kurz Corona-Pause, aber wieder 10 Tage nix. Und dann mit knapp drei Wochen Vorbereitung Hamburg Marathon, weil ich einfach so geil auf diese Stadtmarathon-Athmosphäre war. Nun Sixdays mit hoher Dauerbelastung, die ersten drei Tage wohl auch zu euphorisch die Berge runbtergekachelt. Dan kann das Knie schon mal an Gedächtnisschwund leiden und vergessen haben, was ich ihm sonst regelmäßig abverlange. Es wäre auch ein Schlag ins Gesicht für viele, die sich hier mit Hilfe Ihrer Vereine lange und planvoll vorbereitet haben. Mein Kadaver erinnert sich halt streckenweise an das, was er mal konnte. Was ein guter Trainingsplan wert ist, sieht man aktuell an meiner Claudia.Nun liebes Knie, noch einen Tag Verständnis bitte. Für die Medaille. Und für den Geist der Riesenbecker Sixdays. Ich glaube jetzt einfgach mal, dass ich ankomme. Schmerz ist schließlich nur Schwäche, die den Körper verlässt.

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